Heute berichte ich über Ordamon den Verdammten, einen meiner Vorfahren, so wie es in den alten Schriften überliefert steht. Ich werde in dieser Reihe immer wieder mal in die Vergangenheit reisen, um euch große geschichtliche Taten meiner Ahnen kundzutun. Dies wird aber kein chronologischer Ablauf der Geschichte der Zwerge werden. Vielmehr ein kleiner Einblick in unsere jahrtausendalte Geschichte.
Es sei angemerkt, dass ich dabei keinem unserer lieben simkeanischen Drachen zu nahe treten will. Die Geschichte der Zwerge ist auch die Geschichte der Drachen. Hier wird sie aus der Perspektive der Zwerge erzählt. Es ist allerdings das, was es ist: Geschichte, und nicht Gegenwart.
Es war Zwergenkönig Ordamon, der sich besser und klüger vorkam als seine Brüder, und Angroschs Gunst durch besonders erfolgreiche Taten zu erringen versuchte. Ordamon war der Vater des kleinsten Stammes, doch er sprach im Bruderrat angesichts seiner Verdienste so laut, als wäre er der Vater der Mehrheit. Seine Gaben waren ungewöhnliche Zuversicht und Kühnheit, mit denen er seine Brüder ermutigen und anfeuern konnte, wenn umherziehende Diener des Golddrachen Pyrdacor die verborgene Existenz der Zwerge aufzudecken drohten. Von Ordamon stammten die besten und gewagtesten Entwürfe zum Bau neuer Hallen, und er scheute keine Gefahr, wenn es um die Eröffnung neuer Goldadern ging.
Lange schien es vielen, als sei Ordamon der Auserwählte Angroschs, der sie als Hochkönig, als „Rokmarok“, anführen sollte. Seine Anhänger nannten gerade die geringe Zahl seiner leiblichen Nachkommen als Beweis, dass ihr Held eigentlich als Vater der gesamten Zwergenheit verstanden werden müsse. Nach vielen Jahrhunderten begann Ordamon aufgrund der vorbehaltlosen Bewunderung zu glauben, dass er das versteckte Leben seines Volkes und die Herrschaft des Gottdrachen mit einer kühnen Tat beenden könnte.
So verließ er eines Nachts die Hallen seiner Brüder und reiste in den fernen Süden – mit dem Ziel, den Hort Pyrdacors selbst zu stehlen. Fest in dem Glauben, dass diese Tat dem goldenen Drachen Macht und Leben rauben würde und dass ihm, Ordamon, als dem größten und kühnsten aller Zwerge das Gold ohnehin zustehen würde, beschwor der gierige Zwergenkönig großes Unheil herauf.
Ordamon stand bereits auf dem gewaltigen Hort, als er von Pyrdacor entdeckt und mit dunkler Magie ergriffen wurde. Statt den Dieb jedoch zu töten, folterte und befragte Pyrdacor den Zweibeiner von seltsam unbekannter Gestalt. Doch selbst nach langer Zeit der Qualen, die dem bösartigen Drachen viel über die Zähigkeit und Widerstandskraft des Zwergenvolkes verriet, schwieg der unglückliche Ordamon immer noch beharrlich.
Pyrdacor ließ den Zwerg daraufhin ziehen; auf der Stirn statt seines zurückgelassenen wertvollen Königstirnreifs nun das Flammenmal des Drachens, während er selbst seine echsischen und drachischen Scharen zum Überfall auf die Zwerge sammelte.
Wie durch ein Wunder gelang dem geschundenen und verstümmelten Ordamon die Rückkehr zu seinen Brüdern, doch führte er unwissentlich die magischen Spione auf seinen Fersen zum Ziel. In letzter Erkenntnis gelang es ihm, noch am Tor von Xorlosch, Worte der Warnung hervorzustoßen und die anderen Angroschim zu alarmieren, als er plötzlich von Flammen verschlungen wurde, die aus seinen Kleidern und seinem Leib hervorbrachen. So war Ordamon der erste Zwerg überhaupt, der den Tod fand. Ob der Gott Angrosch den Unglücklichen zur Strafe für seinen Ungehorsam verbrannt oder ob Pyrdacor ihn nach Erfüllung seiner „Aufgabe“ magisch vernichtet hatte, ist heute keinem Sterblichen mehr bekannt.
(Klamdor)