Da erklang ein leises Lachen. Angespannt spähte sie in die Richtung, aus der das Lachen zu hören war.
„Ich bin hier Werteste“ hörte sie Camulos. Gleichzeitig trat er vor und stand unmittelbar vor ihr. Er legte etwas neben den Baumstamm, sie konnte nicht erkennen, worum es sich handelte, und setzte sich zu ihr.
„Ich habe Euch nicht ankommen hören und gesehen habe ich Euch auch nicht“, entgegnete sie erstaunt.
„Das war auch Sinn der Sache, es ist ein Teil, von dem, was ich Euch zeigen wollte“ lautete seine Antwort, „Ihr selber leuchtet durch das Rodegebiet und seid schon von weitem zu sehen.“
Verständnislos sah sie ihn an.
„In der Nacht als wir uns begegnet sind, wollte ich gar nicht bis hierherlaufen. Da sah ich etwas Helles und deswegen kam ich nachsehen, wer oder was sich hier aufhält. Der Rest ist Euch ja bekannt“
„Ja, und ich muss zugeben, dass es eine gute Begegnung war“, sagte sie leise.
„Ich bitte Euch jetzt aufzupassen. Ich werde mich entfernen und wieder herkommen.“ Er stand auf und nach wenigen Schritten konnte sie ihn nicht mehr sehen. Wieder starrte sie in die Dunkelheit. Nach einiger Zeit erkannte sie einen sich langsam nähernden hellen Schatten, immer deutlicher erkennbar werdend, bis Camulos wieder ganz zu sehen war. In seiner hellen Lederkleidung, den braunen Umhang hatte er über den Arm gelegt. Diesen nahm er nun und legte ihn sich wieder an, verschloss ihn mit einer Fibel. Sie musste nun wieder genau gucken, um ihn zu erkennen, obwohl er sich nur wenige Schritte von ihr befand.
„Darum wolltet Ihr die Dunkelheit“ nickte sie, langsam verstehend, was ihr gerade vorgeführt worden war, „aber wir Sidhe tragen immer weiß, das gehört zu unserem Volk. Ich will nicht meine ganze Identität in Simkea verlieren“ fügte sie hilflos zu.
Camulos setzte sich zu ihr.
„Seht, Ihr braucht doch nur den Umhang dunkel, alles andere kann bleiben, wie Ihr bei mir ja gut sehen konntet. Eine Kapuze aufgesetzt verdeckt Eure Haare vollständig, sodass Ihr nicht gleich von weitem zu sehen seid. Und für einen Gegner, mit dem Ihr Euch gerade im Kampf befindet, seid Ihr so auch weniger gut zu erkennen, besonders da Ihr mit dem Kurzbogen kämpft“
„Ich denke, ich habe verstanden. Ich werde meine Schneiderin bitten mir die Umhänge in Zukunft dunkel zu färben“ sprach sie widerstrebend leise, immer noch nachdenklich.
„Da habe ich was für Euch, mit einem schönen Gruß von einem Freund“ lachte Camulos, griff nach dem kleinen Etwas und legte es ihr in den Schoß. „Wenn Ihr das nächste Mal am Brunnen vorbeikommt, nehmt eine Kleinigkeit für den immer hungrigen Bären mit.“
Es war weich, sie erfühlte Stoff. Erstaunt hob sie es hoch und es entfaltete sich.
„Gerne gebe ich dem Bären was an Essen, er mag sicher Fisch? – Das ist ein Umhang!“ erkannte sie dann.
„Es ist vor allem ein dunkler Umhang. Und wenn Ihr heute wieder hier übernachtet, möchte ich, dass Ihr ihn anlegt.“ Das klang streng.
„Ja natürlich, ich probiere ihn mal an“ stotterte sie. Seine Bestimmtheit verdutze sie.
Sie erhob sich von dem Baumstamm und legte den weißen Umhang ab. Den Dunklen im Kerzenschein genauer betrachtend sah sie, dass er dunkelrot war. Schnell legte sie ihn um und stellte fest, wie gut er passte.
Schüchtern fragte sie: „Seid Ihr nun zufrieden?“ und schloss den Umhang mit ihrer Fibel.
„Nein“, sagte er, stand auf und zog ihr die Kapuze über den Kopf.
„So ist es richtig. Schade, dass Ihr selber den Unterschied nicht sehen könnt“ schmunzelte er.
„Ich habe es bei Euch gesehen werter Camulos, es war eine gute Vorführung“
Sie setzten sich wieder nebeneinander auf den Baumstamm. Leise sprachen sie noch eine Weile miteinander.
Mittlerweile war schon die dritte Kerze in Folge heruntergebrannt, als sich Camulos erhob und für den Rückweg bereit machte.
„Geht einmal zu Reto in die Taverne. Soweit ich weiß, hat er immer Probleme in seinem Keller, ein guter Anfang für Kämpfer. Ansonsten wünsche ich Euch eine gute Nacht. Wir sehen uns gewiss bald wieder“ verabschiedete er sich.
„Vielen Dank für alles und einen guten Heimweg werter Camulos, gute Nacht.“ Und schon war er wieder mit der Dunkelheit verschmolzen. Die helle Stelle auf dem Baumstamm, die der weiße Umhang gebildet hatte, war ebenso verschwunden.
In sich zufrieden und ausgeglichen zog sie sich sofort in ihren Unterstand zum Schlafen zurück. Ja, es war ein neues Leben in Simkea, ganz anders als sie es kannte, aber es war auch ein gutes Leben.
Ende
Ravalya Kergarth