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Jul

Fortsetzungsgeschichte von DickeFee (10)

   Posted by: DickeFee   in Es war einmal...

 

Auf eigene Faust

Eleonora erwachte. Noch während sie die Augen aufschlug, wurde ihr bewusst, dass sie nicht in ihrem Bett lag. Sie nahm den Geruch um sich herum wahr, das Licht erschien ihr dunkler als zuhause und die Geräusche waren ihr fremd. Eleonora versuchte sich zu orientieren und als die Erinnerung sie einholte, blieb sie atemlos liegen. Sie schaute sich um. Eleonora lag in einer kleinen Kammer. Die Kammer enthielt nichts, als das Bett auf dem sie lag, ein Fenster, einen Tisch, einen Sessel und als sie sich ein wenig verrenkte, konnte sie auch die Tür des Zimmers ausmachen. Wo war die Alte bloß hin? Eleonora schaute sich ein zweites Mal in dem Zimmer um, alleine um sicher zu gehen, dass sie keine Nische, keine Ecke übersehen hatte. Es musste früher Morgen sein, aber Eleonora stand dennoch auf um sich ein Bild von der Stadt und der genauen Tageszeit zu machen. Das Fenster bestand aus einfachem Glas, das in einen hölzernen Kreuzrahmen gefertigt worden war, so dass sie eigentlich aus vier kleinen Fenstern guckte. Der Tag war grade erst angebrochen, das Himmelsrot begann langsam zu verblassen. Vom Fenster aus konnte Eleonora auf den Marktplatz sehen, der um diese Uhrzeit kaum gefüllt war. Die wenigen Menschenn die sie sah, schlichen auf leisen Sohlen durch die Gegend, als wenn sie sich fürchteten. Sie gingen gebeugt und ohne ein Lächeln auf dem Gesicht. Es war kein Vergleich zu dem Markt in Altamor, wo geschwatzt, gefeilscht und gelacht wurde. Eleonora erschauerte. Die Schwere ihrer Last wurde ihr bewusst. Das Glück dieser Menschen hing allein von ihr ab. Eleonora wand sich vom Fenster ab und ging auf die Tür zu.
Der Flur war menschenleer. Auch die Tür zur Gastwirtsfamilie blieb geschlossen. Auf Zehenspitzen lief Eleonora zur Treppe und blieb auf der ersten Stufe stehen, als sie hörte wie sich jemand unterhielt.
„Was glaubst du ,wie lange sie noch schlafen wird?“, hörte sie Almatea fragen.
„Das Mittel im Wasser war stark, gib ihr noch etwas Zeit.“, die Stimme schien der Alten zu gehören, auch wenn Eleonora noch immer verwundert darüber war, wie jung sich die Stimme anhörte.
„Wird sie ihre Aufgabe erfüllen?“, fragte eine männlich tiefe Stimme, in der leichte Sorge und Zweifel mitschwang, wahrscheinlich die des Wirtes.
Die Alte seufzte: „Sie wird, nur wie, mag nicht mal ich vorhersagen.“
„Sollen wir ihr sagen, dass ihre Freundin noch lebt?“, fragte Almatea in die Runde und Eleonora atmete laut ein. „Ich denke nicht, dass diese Nachricht zu diesem Zeitpunkt hilfreich wäre.“, beantwortete die Alte Almateas Frage: „Was nützt es uns außerdem. Darkman weiß noch nicht, dass sie hier ist und es wäre von Nutzen, wenn dies noch lange Zeit so bleiben würde. Wir können nichts für ihre Freundin tun. So leid es mir tut, aber wir müssen einfach abwarten.“
Eleonora erstarrte. Sie wollten Isabell nicht zur Hilfe eilen? Sie drehte sich so leise wie möglich um und ging zurück ins Zimmer. Dort angekommen wanderte sie leise, wenn auch ruhelos auf und ab. Isabell lebte. Irgendwo war ihre Freundin in den Fängen ihres größten Feindes und keiner wollte etwas dagegen tun. Ohnmächtige Wut machte sich in Eleonora breit. Sie würde nicht zulassen, dass noch ein Mensch sein Leben lassen würde, bloß weil dieser etwas mit ihr zu tun hatte. Eleonora blieb vor dem Fenster stehen und blickte hinaus. Von hier würde sie nicht entkommen, also musste sie es über ein anderes Zimmer versuchen.

Mit laut klopfendem Herzen trat sie leise in den Flur hinaus. Gleich an der ersten Tür zu ihrer linken legte sie ihr Ohr aufs Holz. Kein Laut war von drinnen zu vernehmen. Vorsichtig drückte sie die Klinge hinab in Erwartung einer quietschenden Tür, eines Gastes, der vor Schreck erstarrt in diesem Zimmer sitzen könnte oder schlimmer noch, einem Gast der mit einem Dieb rechnete und in Erwartung hinter der Tür stand, einen schweren Gegenstand oder eine Waffe in der Hand. Trotz ihrer Befürchtungen war niemand im Zimmer, die Tür glitt ohne einen Laut auf und als Eleonora die Tür hinter sich schloss, fand sie zu ihrer großen Freunde einen dunkelbraunen Umhang hinter der Tür an einem Nagel. Sie eilte zum Fenster und wieder hatte sie Glück. Gleich unter ihrem Fenster war ein Schuppen, von dem aus sie ohne Probleme in eine Gasse springen konnte. Eleonora ging zurück zu dem Umhang, warf ihn sich über und kletterte aus dem Fenster hinunter auf den Schuppen. Wenn keiner Isabell helfen wollte, dann würde sie ihre beste Freundin retten müssen. Prophezeiung hin oder her. Wie sie das anstellen wollte, das wusste sie nicht, aber zumindest war sie bereit zu handeln. Eleonora sprang vom Dach des Schuppens, zog sich die Kapuze des Umhangs tief in die Stirn und begab sich durch die Gasse von Trent, weg vom Wirtshaus, raus auf den Markt.

Katz und Maus Spiel

Eleonora folgte dem Goblin durch die Gasse. Sie drückte sich an den dunklen Wänden entlang, versuchte den Goblin nicht aus den Augen zu lassen und tat ihr möglichstes nicht entdeckt zu werden. Die Haare an ihrem Rücken stellten sich bei dem Gedanken auf, dass dieses Monster sie riechen könnte, dass sie direkt in eine Falle lief und sie fragte sich was diese Wesen eigentlich fraßen. Sie erschauderte. Wie sollte sie sich vor dem Goblin verstecken, wenn sie die verwinkelten Gassen erstmal verließen? Die Sonne wanderte unbeeindruckt von ihren Problemen immer höher den Himmel hinauf und sie hatte nicht einmal die leiseste Ahnung wohin sie beide laufen würden. Wie weit war es wohl noch und lief das Wesen überhaupt direkt zu seinem Herren? Eleonora fluchte, diese Verfolgungsjagd war so ungeplant. Vielleicht wäre sie doch besser in dem Wirtshaus geblieben und hätte die anderen überredet ihr zu helfen. Sie versteckte sich in einer Nische als der Goblin von der Straße ins Licht trat. Wie sollte sie ihm nun folgen? Sie sah wie der Goblin rechts in die nächste Gasse einbog, zählte bis drei und rannte durchs Licht in die Gasse hinein. Im ersten Moment war sie fast blind, da der Wechsel vom Licht in den Schatten so stark war. Sie blieb stehen und betete, dass der Goblin sie nicht bemerkt hatte, nicht vor ihr im Dunkel wartete. Sie drückte sich an die Wand und lauschte. Nichts war zu hören, es schien, als wäre das Monster ihrer Alpträume schon weiter gegangen und hätte sich in Luft aufgelöst. Sie atmete laut aus und auch wenn sie froh darüber war unentdeckt geblieben zu sein, machte sie sich doch Sorgen, dass sie den Goblin endgültig verloren hatte. Die Gasse war lang und am Ende wartete das Stadttor auf sie.

Wo in Altamor ständig Händler ein und ausgingen und bis zu zwei Wachen pro Seite nötig waren um den ständigen Strom von Menschen zu überwachen, war das Stadttor Trents menschenleer, nur eine Wache stand mit großen, erschrockenen Augen an der Seite und starrte den Goblin, der vor ihr stand, angstvoll an. Eleonora sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein und blickte verwirrt auf die Szene, die sich ihr bot. Der Goblin trat ohne jede Angst vor die Wache, er schien sogar hochmütig auf den armen Mann hinab zu blicken. Der Mann wiederum stand stocksteif vor dem Wesen, das anscheinend nicht nur ihr wie ein Alptraum vorkam. Langsam ging der Goblin an der Wache vorbei, als er fast schon durch das Stadttor getreten war, drehte er sich noch einmal um und schaute grinsend zu dem zitternden Mann. Dann ging er weiter seines Weges. Eleonora zuckte zusammen. Was war hier los? Warum ließen sich die Menschen in Trent so ein Verhalten gefallen? Wie konnte ein Wesen nur solch eine Macht gewinnen? Sie schaute mitleidig zu der Wache und trat hinaus ins Licht. Der Mann zuckte zusammen, als er ihre Bewegung wahrnahm, entspannte sich jedoch sichtlich, als er bemerkte, dass sie kein weiterer Goblin war.

„Guter Mann, sagt mir bitte, wissen sie wohin der Goblin geht?“, fragte sie vornheraus. Vielleicht würde sie so am ehesten Antwort erhalten. Die Wache erbleichte.
„Wer den Goblins folgt ist des Todes. Kind, hüte dich dem Wesen der Finsternis zu folgen. Du wirst es bitterlich bereuen.“, seine Stimme zitterte,als er diese Worte sprach.
Eleonora lächelte ihn mitleidig an. „Ich habe keine Wahl mein Herr und wenn es meinen Tod bedeutet, so muss ich doch dem Wesen folgen. Bitte habt Erbarmen und sagt mir, wohin es unterwegs ist.“

Ihre Worte mussten sehr verzweifelt geklungen haben, denn sein Blick wurde weich und auch er schien ein mitleidiges Lächeln aufsetzen zu wollen, aber es misslang ihm: „Die Goblins sind im Wald zu hauf zu finden. Ich würde mein Glück dort versuchen. Wenn man es Glück nennen kann sein Leben dafür aufs Spiel zu setzen. Ich hoffe, du weißt was du tust.“
Nun war sie sehr aufgeregt, ihr wurde klar, dass sie mit dieser Information nicht mehr genötigt war den Goblin im Auge zu behalten, dass sie nicht mehr Gefahr lief, bei ihrem Katz-und-Maus-Spiel entdeckt zu werden. Sie seufzte erleichtert auf.
„Wo kann ich den Wald finden?“, fragte sie den Wächter lächelnd.
Der Mann sah sie erstaunt an: „Der Wald liegt in nördlicher Richtung. Wenn du immer geradeaus läufst kommst du irgendwann am Pranger vorbei, halte dich von dort aus in nordwestlicher Richtung und du wirst den Wald bald sehen. Im Wald gibt es eine Ruine. Den Geschichten der Jäger nach zu urteilen laufen dort in letzter Zeit besonders viele Goblins herum. Pass auf dich auf.“, noch immer schaute er sie voller Erstaunen an und ihr wurde klar, dass es wohl an ihrem Lächeln oder ihrer Unwissenheit bezüglich des Waldes lag.
Sie wurde augenblicklich ernst: „Ich danke ihnen.“, traurig blickte sie in seine Augen. Wenn sie nur wüsste, wie sie die Prophezeiung erfüllen könnte, um diesen armen Menschen zu helfen.
„Auf Wiedersehen.“ Sie winkte ihm zum Abschied und eilte durch das Stadttor, auch wenn sie jetzt wusste, wohin der Goblin gehen würde, wollte sie ihm doch nicht zuviel Vorsprung lassen.

(im Archiv gefunden und entstaubt von Xanthy)

 

This entry was posted on Dienstag, Juli 4th, 2017 at 09:30 and is filed under Es war einmal.... You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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