Archiv für Sparte ‘Es war einmal…’

 

Das nächste, was Eleonora sah, waren Stühle und Tische. Es sah aus wie eine Kneipe. Eine dunkle, leere Kneipe, leer bis auf den Wirt, der Almatea zunickte. Almatea nickte zurück: „Gibst du uns bitte zwei Met?“, fragte sie den Wirt in einem Ton, der jedem sofort klar machte, dass die zwei sich nicht nur oberflächlich kannten. „Möchtest du einen Humpen Met?“, Almatea schien erst jetzt auf den Gedanken gekommen zu sein, dass Eleonora vielleicht kein Met trank. Aber Eleonora war grade alles egal, der Schock saß noch zu tief, sie wollte Antworten und es war ihr nicht wichtig, welches Getränk dabei vor ihr stehen würde.
Die Kneipe war durch den vollen Mond, der durch die Fenster schien, gut zu überblicken. Der Wirt ging hinter den Tresen und kam mit zwei Humpen Met zurück. Almatea und sie setzen sich an einen der Tische. „Bitte, geh! Schau nach, ob Goblins durch die Stadt streifen. Hör dich vorsichtig um, ob unsere Ankunft bemerkt worden ist. Wir müssen vorsichtig sein.“ Almatea klang besorgt, sie seufzte und schaute dem Wirt hinterher, der immer noch schweigend aus der Kneipe verschwand.

Der Met war noch warm, als Eleonora ihn an die Lippen hob. Er schmeckte süß und sobald sie den ersten Schluck getan hatte, merkte sie, wie sich die Wärme in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Wieder rannen Tränen ihr Gesicht herunter. Der ganze Schmerz des vergangenen Tages, der zurückliegenden Stunden brach aus ihr heraus. Sie nahm noch einen tiefen Schluck. Sie nahm warh, dass der Met ihr in den Kopf stieg, ihre Gedanken benebelte, aber sie wollte Antworten erhalten, also zwang sie sich, den süßen Trank auf den Tisch zu stellen und rührte ihn nicht mehr an. Sie wollte verstehen, was hier vor sich ging, verstehen, warum grade ihr so viel Unglück zuteil wurde. Sie blickte durch Almatea hindurch an die Wand, ohne wirklich etwas anzuschauen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie zwang sich Almatea anzublicken.
Almatea schaute besorgt: „Alles in Ordnung?“ Eleonora seufzte tief: „Wie sollte etwas in Ordnung sein? Meine Mutter ist tot, meine beste Freundin verschleppt. Furchtbare Kreaturen, Goblins hast du sie, glaube ich, genannt, brechen in unseren Hof ein und nun bin ich Gott weiß wo.“ Sie sah verzweifelt aus, klang mit einem mal viel älter als noch vor ein paar Tagen und fühlte sich, als sei sie um Jahrhunderte gealtert. „Was ist hier los Almatea? Sag mir, was hier passiert.“ Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen. Bittend schaute sie die einzige Person, der sie wohl oder übel vertrauen musste, an.
Almatea fuhr sich durchs Haar und biss auf ihre Unterlippe, sie blickte auf das junge Mädchen. Ob sie es verkraften würde, die ganze Wahrheit zu erfahren? Ob sie einen Fehler begonnen hatte, sie zu kontaktieren? „Eleonora, ich weiß, dass dies alles schwer für dich sein muss. Wo fange ich bloß an? Bei deiner Geburt? Bei der Last, die dir schon damals auferlegt wurde? Früher, bei dem Anfang allen Übels? Bei deinen Eltern? Wenn es doch nur eine Antwort gäbe, welcher Anfang der richtige ist. Welcher Anfang dir das Verstehen möglich macht. Selbst wir, die schon seit Jahren von dir wissen, von deinem Schicksal, selbst wir wissen oft nicht genug. War es richtig von mir, dich zurück zu holen? So nah an den Feind? Irgendwie muss sich die Prophezeiung erfüllen, aber bist du schon bereit dazu?“ Wieder seufzte Almatea auf, aber diesmal klang es, als würde das Leid der ganzen Welt auf ihren Schultern lasten.
Im Nu war Eleonora wach, jede Verzweiflung wie weggewischt. Sie verstand kein Wort von dem was Almatea sagte, aber allein ihre Worte machten ihr klar, wie wichtig sie war.
„Mir ist egal, wo du anfängst. Ich möchte nur verstehen.“, erklärte sie und straffte ihre Schultern. „Von welcher Prophezeiung sprichst du? Welcher Feind? Du kanntest meine Eltern? Wo sind wir hier?“ Ihre Neugier brach sich Ihre Bahn.
Almatea lächelte schwach: „Gut, dann will ich dir alles erzählen, alles was ich weiß.“

„Dies hier ist Simkea. Die Stadt, in der wir sind, nennt sich Trent. In Simkea wurdest du geboren. Die Welt, die du kennst, ist eine von vielen möglichen Dimensionen und auch wenn du es für unwahrscheinlich hälst, dass es so etwas gibt, glaube mir, ich habe viele Dimensionen gesehen, denn ich bin eine Dimensionengängerin.“ Almatea seufzte und nahm noch einen tiefen Schluck ihres Mets. Der Humpen war nun leer und Eleonora schob ihr ihren zu. „Deinen Vater kenne ich nicht. Ich weiß aber, dass er lange vor deiner Geburt bei der Jagd ums Leben kam. Deine Mutter kannte ich nur oberflächlich. Sie war eine wunderbare Frau, nach dem Tod deines Vaters verdiente sie sich ihren Lohn auf dem Gutshof, wo sie sehr gute Arbeit leistete. Sie war ein wunderbarer Mensch und hübsch, du siehst ihr sehr ähnlich,“ sie lächelte Eleonora an. Es war ein schiefes Lächeln, aber Eleonora wurde dennoch warm bei dem Gedanken, dass sie ihrer Mutter ähnlich sein konnte, einer Frau, die man als wunderbaren Menschen bezeichnete.
Wieder seufzte Almatea auf: „Wir Dimensionengänger sind sehr feinfühlig, was bestimmte Dinge angeht. Schon weit vor deiner Geburt ahnte ein jeder von uns, dass etwas Großes auf uns zukommt. Etwas, das die Welt verändern würde. Seit Jahren schon geht es den Menschen in Simkea schlecht. Sie leiden. Sie haben den Frohsinn verloren und werden von Goblins unterjocht. Am schlimmsten trifft es bisher Trent. Kein Mensch weiß genau, wie er es anstellte, aber jeder kennt den Namen des Mannes, der ihr Lachen stahl und sie in einer Welt voller Grau zurück ließ. Darkman! Er ist der Anführer einer ganzen Horde Goblins, die dafür sorgen, dass wir nachts nicht mehr vor die Tür gehen, er vereinnahmt Gelder für sich, die für den König bestimmt sind und zwingt uns diese zu ersetzen. Er taucht nirgendwo selbst auf. Immer schickt er seine Goblins. Keiner weiß wie er aussieht, Darkman ist wie ein Schatten. Überall hat er seine Spione, man ist sich nicht mehr sicher wem man trauen kann. Es ist ein Leid. Aber schlimmer ist, dass die Menschen nicht mehr in der Lage sind zu lachen. Nicht in der Öffentlichkeit, nicht Zuhause. Seit nunmehr 30 Jahren ist das so. Wir werden alle krank Eleonora, viele sind schon gestorben. Alte, Junge, Kinder. Es wird manchen erst klar, was wichtig ist, wenn man es verloren hat. Lachen bedeutet Leben und ohne unser Lächeln sind wir dazu verdammt in einer Hölle aus Gleichgültigkeit zu leben. Egal was kommt. Es wird nichts Gutes sein.“
Almateas Augen blickten voller Trauer auf Eleonora: „Ich weiß, dass du das nicht verstehst. Du hast sie nicht gesehen. Die Einwohner dieser Dimension sind schlimm dran. Wir Dimensionengänger sind von diesem Unheil nicht betroffen, aber wir leiden mit diesen Menschen. Wer immer nach Trent kommt, verfällt der Gleichgültigkeit, inzwischen ist fast ganz Simkea betroffen. Kannst du dir eine Welt ohne Lachen vorstellen? Eine Welt, in der keiner lächelt?“ Eleonora schüttelte den Kopf, ihr Mund war ganz trocken. Plötzlich wünschte sie sich einen Schluck Met und als hätte Almatea ihre Gedanken erraten, reichte sie ihr den Humpen.
„Eine Welt ohne Lächeln, ohne Lachen ist eine arme Welt. Wir brauchten lange um zu erkennen, dass das Übel in Trent begraben liegt. Wie es zustande kam? Frag mich nicht. Wir haben alle keine Ahnung. Seit einiger Zeit kommen nur noch selten Händler nach Trent. Die anderen Händler haben Angst, ebenfalls solch tiefer Depression zu verfallen. Eltern von außerhalb erzählen ihren Kinder Gruselgeschichten über Trent, aber das Unheil verbreitet sich unaufhörlich.“
Almatea griff wieder nach dem Humpen. Sie leerte ihn in einem Zug, stand auf, ging zur Theke und füllte ihn neu. Als sie zurückkam, setzte sie sich nicht mehr hin. Sie stand vor dem Kamin, schaute ins Feuer und sprach mehr zu sich als zu Eleonora: „Wie brennt man eine Wunde aus, von der man nicht weiß, wo sie liegt? Ein Monster, von dem man nur gehört, das man aber noch nie gesehen hat?“, sie seufzte. „ Wie schon gesagt, lange vor deiner Geburt spürten wir einen Wandel. Etwas Großes, das unsere Welt verändern würde. Eine Woche vor deiner Geburt kam eine alte Dame zu unserem Zirkuszelt. Sie sprach nicht, schaute nur. Ihre knochigen Finger, ihre langen Nägel, sie war leicht gebeugt und stützte sich auf einen Stock. Ein Muttchen von mindestens 80 Jahren. Sie hob ihren Zeigefinger, tippte mit ihrem langen Nagel auf meinen Umhang und sprach: „Zwei Frauen werden sterben am Tag des schwarzen Mondes. Du kennst sie beide. Die eine wird ein Kind zur Welt bringen und dafür ihr Leben durch fremde Hand lassen. Die andere habe ich beauftragt, das Kind zu dir zu bringen, damit du für seine Sicherheit sorgst.“ Kannst du dir vorstellen, wie erstaunt ich war? Ich sah sie an und fragte, warum die andere Frau stirbt und sie erklärte mir, dass sie bei der Flucht sterben würde. Der Flucht, die sie veranlasst hat. Immerhin sollte diese Frau das Kind zu mir bringen. Beide sollte ich kennen. Mir stockte damals der Atem. Dieser Frau war es ernst, kein Zweifel. Sie wusste, wovon sie sprach. Ich fragte sie, warum sie die Frau mit dem Kind zu mir schickt, wenn sie weiß, dass die Frau dabei sterben würde und sie starrte mich böse und eindringlich an, angesichts meines Zweifels über ihr Tun und Handeln. „Dieses Kind ist wichtiger als alle Menschen, wichtiger als du, wichtiger als ich und erst recht wichtiger als die zwei Frauen.“ Ich bat sie, mir das zu erklären, wusste aber im selben Moment, dass mir nun das Wissen zuteil werden würde, mit dem ich das Gefühl etwas Großes käme auf uns zu, erklären könne. Sie erzählte mir also von der Prophezeiung: Ein Kind wird geboren in einer mondlosen Nacht. Ein Kind, zu binden was schon ewig getrennt, ein Kind, den Frieden zu bringen, wo Hass und Lüge die Flüsse und Felder vergiftet, seit Anbeginn der Zeit.“ Almatea drehte sich zu Eleonora um.
„Dieses Kind bist du Eleonora!“

(im Archiv gefunden und entstaubt von Xanthy)

 

Nach 3 Wochen  Pause geht es endlich weiter mit der Fortsetzungsgeschichte, bin selbst sehr gespannt, wie es weitergeht:

Almatea  (7)

Eleonora sprang zwischen die Maispflanzen, die Blätter wischten über ihr Gesicht, sie keuchte und versuchte sich zu erinnern in welcher Richtung vom Feld das Zirkuszelt liegen musste. Jemand der sie an einen anderen Ort bringen konnte, würde sie doch hoffentlich vor diesen Kreaturen beschützen können. Sie hörte den Goblin hinter sich, er war nur wenige Schritte entfernt. Sie konnte ihn riechen und musste würgen. Ohne inne zu halten sprang sie erneut durch die Reihen der Pflanzen und noch einmal, drehte sich im Lauf und rannte die Reihen hinab, anstatt hinauf wie bisher.
Kurze Zeit später sprang sie wieder durch die Pflanzen, drei zur Seite und dann blieb sie stehen, duckte sich und lauschte. Der Goblin musste ein bis zwei Reihen neben ihr sein, etwa 10 Fuß weit weg von ihr. Sie versuchte seine Beine zu sehen und beugte sich etwas nach vorne. Sie erstarrte! Genau vor ihr stand der Goblin, auch er war stehen geblieben und lauschte. Dann hörte sie wie er schnüffelte und den Kopf schief legte. Er kicherte und sprach dann heiser in einem Singsang: „ Wo bist du, kleine Eleonora? Wo bist du? Wir werden dich eh finden. Wir tun dir auch nichts. Wir bringen dich nur zu unserem Herrn und Meister. Er möchte dich gerne kennen lernen Eleonora.“, seine Stimme klang alt, unsagbar alt und moderig. Sie glaubte ihm kein Wort, duckte sich noch ein Stück und atmete so flach wie nur möglich.
Plötzlich bewegte sich der Goblin sehr schnell, er rannte nach rechts und hechtete in die Reihe in der sie saß, ein Hase hatte sich etwas weiter weg von ihr bewegt und war in ihre Reihe gesprungen. Eleonora hechtete durch die Pflanzen in die Reihe, in der der Goblin vorher gestanden hatte und fing wieder an zu laufen.

Erst als das Feld zu Ende war, stoppte sie und keuchte. Die Hände auf die gebeugten Knie gelegt holte sie einmal tief Luft. Sie versuchte zu hören, ob der Goblin ihr noch folgte, aber ihr Herzschlag überdeckte alle anderen Geräusche. Unvermittelt brach neben ihr jemand aus dem Feld. Eleonora zuckte zusammen und stellte sich auf um ihr Leben zu verteidigen. Almatea stand neben ihr, sie trug ein langes Schwert, von dessen Scheide es grün tropfte. Sie drehte sich leise zu ihr um, noch immer trug sie dieselben Sachen wie gestern. Gestern. War es wirklich erst eine Nacht her ,dass sie Almatea getroffen hatte? Dass ihr ganzes Leben sich von Grund auf geändert hatte? Ihre Mutter war tot, Isabell wahrscheinlich auch und alles war nur ihre, Almateas Schuld. Seitdem sie in ihr Leben getreten war, brach es zusammen. Eleonora spürte, wie die Tränen über ihr Gesicht liefen, sie hörte sich schluchzen, aber es hörte sich an, als wenn ein anderer sich seinem Seelenschmerz ergab. „Pssscht!“, flüsterte Almatea und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. „Sie haben sehr gute Ohren.“
Eleonora schluckte ihre Tränen runter, schaute zum Feld und flüsterte:“ Was sind sie? Wo kommen sie her? Wer ist ihr Meister?“ Ihr ganzes Gesicht war vor Verzweiflung verzerrt. Sie wollte Antworten. Sofort. Sie wollte in Sicherheit sein, nein, lieber wollte sie aus diesem Albtraum aufwachen, denn dies konnte unmöglich ihr passieren. Sie war doch nur die Tochter armer Bauern. Sie seufzte laut auf. Almatea schaute sie mitleidig an:“ Ich werde dir alles erklären. Wenn Zeit dafür ist.“, sie steckte das Schwert zurück in die Scheide, die neben ihrem Hosenbein hing, bewegte sich auf Eleonora zu und packte sie an den Schultern. „Ich habe gespürt, dass ein Portal geöffnet wurde. Wie viele Goblins waren es? Einen habe ich getötet, aber ich muss wissen, wie viele es noch sind.“ Eleonora schaute Almatea groß in die Augen. Getötet? „Es waren zwei. Also, ich habe zwei gesehen. Ob mehr dort waren weiß ich nicht. Sie haben Isabell, meine Freundin.“, wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
Almatea seufzte laut auf: „Gut, nur einer ist übrig. Wir sollten schnell verschwinden. Für Isabell können wir momentan nichts tun. Es gibt eh nur die zwei Möglichkeiten, dass sie sie mitnehmen oder töten, aber ich würde mein Schwert darauf verwetten, dass Darkman sie als Pfand behält.“
Eleonora schaute sie verwirrt an. Pfand? Darkman? Sie schüttelte den Kopf.
Almatea fasste ihren Mantelsaum und warf ihn über Eleonora. Wo sie eben noch gestanden hatten war das Gras nun leer.

(im Archiv gefunden und entstaubt von Xanthy)

 

Der Überfall 20. Juli 2009

Es war spät geworden. Der Pfarrer musste geholt werden, die Mutter gesegnet, es wurde darüber entschieden, sie morgen in aller Frühe auf dem Friedhof zu begraben und irgendwann war Eleonora eingeschlafen. Isabell schaute auf sie hinab. Wie schön sie war. Wie unsagbar unschuldig sie im Schlafe wirkte. Sie strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Manchmal legte sich Eleonoras Stirn in Falten, so als wenn sie schlecht träumen würde oder sich über irgendetwas ärgerte. Isabell war müde, aber sie wollte nicht nach Hause, ihre Freundin nicht alleine lassen. Sie würde auf dem Stuhl neben Eleonoras Bett schlafen, über sie wachen und morgen, ja morgen würde hoffentlich ein neuer, besserer Tag anbrechen. Langsam fielen ihr die Augen zu.

Ein Krachen drang an Isabells Ohren und sofort war sie wach. Sie blickte zu Eleonora, doch die schien von dem Krach nichts mitbekommen zu haben. Isabell lauschte. Leise Schritte waren im Haus zu vernehmen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Was tun? Im Zimmer gab es nichts, das der Verteidigung gedient hätte, also musste sie hinaus aus dem Zimmer. Isabell schlich leise die Treppe hinab zur Küche, die gleich neben Eleonoras Zimmer war. Kurz bevor sie in den dunklen Raum trat, lauschte sie noch einmal auf die Geräusche des Hauses.
Eine Hand wickelte sich um die ihre, als sie den nächsten Schritt tat. Eine grüne Hand mit entsetzlich gelben Fingernägeln, die Hand eines Wesens, das schlimmer war als jeder Albtraum. Isabell schrie, das Wesen schlug sie ins Gesicht und sie brach zusammen.

Eleonora wurde wach. Hatte da jemand geschrien? Sie vernahm ein Poltern im Haus. „Isabell?“, besorgt schaute sie sich um. Isabell war nirgends zu sehen. Eleonora stand auf. Sie lauschte. Jemand war im Haus und die Laute, die sie hörte, ließen ahnen, dass sie in Gefahr war. Ihr Blut pumpte laut durch ihren Körper, so laut, dass sie die Geräusche von unten kaum vernahm. Es klang, als wenn etwas Großes durch die Küche geschleift werden würde. Jemand sprach, es klang unmenschlich, alt und die Stimme war so tief, dass Eleonora kein Wort von dem verstand, was dort unten gesprochen wurde. Ein Bild schoss ihr durch den Kopf. Ein Bild von einem Wesen mit grüner Haut. Sie erschrak. Das konnte nicht sein. Ihr Albtraum sollte Wirklichkeit geworden sein? Und wo war Isabell? Eleonora atmete tief ein und ging zum Fenster. Bis zur Erde waren es etwa 13 Fuß und nur das Gras würde ihren Aufprall bremsen. Sie überlegte, ob sie dieses Risiko eingehen sollte, als sie sah wie etwas aus dem Haus kam, ihre Freundin lag bewusstlos über den Schultern des Wesens und wie Eleonora jetzt feststellen musste, war es schlimmer als ihr Albtraum,- viel schlimmer.
Das Wesen, das Isabell verschleppte, war so groß wie ein Mensch, dabei aber dünn und sehnig wie jemand, der jeden Tag schwere Arbeiten ausführen musste. Es hatte lange Finger mit gelben, spitzen Fingernägeln und sein Gesicht war entsetzlicher als alles, was sie bisher gesehen hatte. Die Ohren des Wesens waren ebenso grün wie der Rest des Körpers und standen spitz vom Kopf ab. Die Zähne waren spitz und leuchteten gelb in der Nacht. Das ganze Gesicht erinnerte an eine Totenmaske. Die Haut wirkte ledern und die Lippen waren so klein, das die Zähne riesig wirkte. Eleonora erzitterte. Sie atmete laut aus und überhörte so die Schritte auf der Treppe. Erst als der zweite Goblin in der Tür ihres Zimmers stand, wurde sie sich des Geruches bewusst. Er stank wie der Tod selbst, als wäre er frisch aus einem Grab, das er schon monatelang bewohnt hatte, entkommen. Er grinste sie an und öffnete den Mund: „Da bist du ja. Der Meister wird sich freuen, dich endlich begrüßen zu dürfen.“, er lächelte grob und ging auf sie zu. Eleonora erschauerte. Der Meister? Was war dieses Wesen? Wer war der Meister? Es gab nur einen Ausweg. Eleonora öffnete hinter ihrem Rücken den Riegel des Fensters. Sie drehte sich um, schwang es auf und sich selbst in einer flüssigen Bewegung hinaus. Als sie auf dem Boden aufkam, raste ein stechender Schmerz durch ihre Beine. Der Goblin in ihrem Zimmer zertrümmerte die geöffneten Fensterscheiben und stieß einen unmenschlichen Schrei aus. Der andere Goblin drehte sich um, sah sie und ließ Isabell fallen. Eleonora hatte keine Zeit nachzudenken. Das einzige, was sie nun retten konnte, war so schnell wie möglich den beiden Goblins zu entkommen. Sie rannte los in Richtung des Maisfeldes, das hinter ihrem Haus begann.

(im Archiv gefunden und entstaubt von Xanthy)

Die Jagd beginnt 13. Juli 2009 (5) 

Eleonora lief den ganzen Weg nach Hause. Angst schnürte ihr Herz zu und machte ihr das Atmen schwer, aber ihre Beine trugen sie bis zu dem Hof, auf dem sie und ihre Mutter lebten, als würden sie ein eigenes Leben führen. Sie öffnete die Tür, schmiss sie wieder zu und stellte einen Stuhl schräg unter die Klinke. Sie ließ sich hinter den Stuhl auf den Boden sinken und versuchte zu Atem zu kommen. Was war das gewesen? Wieso hatte sie Isabell nur alleine gelassen? Was, wenn ihr etwas passierte? Gab es die Frau, gab es dann auch das Wesen und den Mann? Den Mann mit den seelenlosen Augen? Sie fing an zu weinen. Sie weinte um sich selbst und, dass sie nicht verstand, was da vor sich ging. Sie weinte um ihre Mutter, der sie keinen Arzt hatte besorgen können, sie weinte, weil ihr Vater nicht mehr lebte und sie ihn grade so gebraucht hätte, sie weinte sich ihren ganzen Kummer von der Seele, solange bis keine Tränen mehr über ihr Gesicht rannen. Inzwischen ging ihr Atem wieder regelmäßig. Eleonora stand auf und lauschte. Ein Unbehagen machte sich in ihrem Bauch breit. Irgend-etwas war nicht in Ordnung, irgendetwas war anders als sonst. Sie bekam eine Gänsehaut. Mutter!
Als sie das Zimmer ihrer Mutter betrat, wurde ihr klar, dass diese während ihrer Abwesenheit gestorben war. Die Bettdecke ihrer Mutter war von roten Flecken gesprenkelt, ihre Mutter war bleich und als sie sich neben das Bett hockte und ihre Hand nahm, war diese kalt, kalt wie Eleonoras Herz. Sie senkte ihre Stirn auf die tote Hand, die sie hielt: „Mein Vater, bitte vergib mir. Ich war nicht hier, als sie starb. Ich habe sie allein gelassen um Hilfe zu holen.“ Sie wusste selbst nicht, zu wem sie betete. Gott? Ihrem Vater? Es war egal. Sie fühlte sich schuldig. Schuldig, ihre Mutter in den letzten Minuten alleine mit dem Tod gelassen zu haben. Sie war nicht hier gewesen um ihr das letzte Geleit zu geben, nicht hier um den Pfarrer um die letzte Ölung zu bitten. Wieso war sie nur so dumm gewesen und hatte einen Arzt holen wollen, wo ein Pfarrer doch viel eher angebracht gewesen wäre? Es klopfte an der Tür. Wer immer es war. Sollten sie doch kommen und sie holen. Ihr war grade alles egal. Seufzend stand sie auf und ging zur Tür.
„Was war los? Was war das im Spiegel? Wieso bist du so schnell verschwunden?“, Isabell war so aufgeregt, dass sie nicht den Kummer in Eleonoras Augen sah. „Eleonora, ich verlange eine Erklärung. Was ist seit gestern geschehen?“ Eleonora seufzte auf. „Meine Mutter ist tot.“, das war alles, was sie heraus brachte, dann fiel sie in Ohnmacht.

Die alte Frau blickte aus dem mit Wasser gefüllten Krug auf. Ihr Lächeln war bösartig. Sie blickte zu Darkman: „Ich habe sie gesehen. Sie und ein blondes Mädchen. Sie ist in der Dimension, die der Dimensionengänger genannt hat.“ Darkman ging auf und ab. Die Hände hinter dem Umhang verschränkt. „Wir wissen also wo sie ist, und wie kommen wir jetzt zu ihr? Mir nützt es nichts zu wissen, WO sie ist, wenn ich niemanden zu ihr schicken kann, um sie in meine Finger zu bekommen.“ Darkman war wütend. Er war schon so weit gekommen. Wenn er jetzt scheiterte, würde die Alte mit dem Leben bezahlen. Sie und der Dimensionengänger. Irgendjemand musste sein Leben lassen, wenn er Eleonora nicht bekam.
„Nun, da ich weiß wo sie ist, wird es kein Problem sein, ein Portal in ihre Dimension zu erschaffen.“, die Alte schien sich ihrer Sache so sicher und doch musste Darkman sich vergewissern: „Hin UND zurück?“ Die Alte lächelte: „Ja Meister, hin UND zurück. Wir könnten auch jemanden mit einem Gift zu ihr schicken, aber es ist kein Problem, dass nur ein oder zwei durch das Portal gehen und eine weitere Person mit zurück kommt.“ Darkman schlug wütend auf den Tisch: „Nein, kein Gift! Ich will sie hier! Lebend! Ich will ihr in die Augen blicken und mich davon überzeugen, dass sie die Bedrohung ist, von der die Prophezeiung sprach. Ich will wissen warum ein Mädchen in ihrem Alter, in der Lage sein soll mir meine Macht zu nehmen.“ Die Alte zuckte zusammen: „Ja Meister!“ Darkman schaute auf sie hinab. Seine Augen waren voller Hass auf Eleonora: „Schaffe mir das Portal, Alte und ich werde dich reich belohnen. Wenn du versagst, ist dein Leben verwirkt. Heute Abend verlange ich ein Ergebnis zu sehen.“ Als er sich umdrehte um aus dem Haus der Alten zu eilen, wehte sein Umhang einmal auf. Der Alten war das Lächeln vergangen. Sie zitterte. Es war wohl besser, sie begab sich gleich an die Arbeit.

Darkman stand draußen im Wald, vor der Tür der Alten: „Bewache sie. Sorge dafür, dass sie ihre Aufgabe zu meiner Zufriedenheit erfüllt. Ich komme nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Zwei von euch werden in die andere Dimension gehen und sie holen.“, erteilte er dem Goblin neben der Tür den Befehl. „Ja Meister, wie ihr befehlt.“ Der Goblin stand stocksteif da, sein Langschwert neben seinen Beinen. Darkman lächelte. Es würde so einfach werden. Noch heute Nacht würde sie ihm gehören. Noch heute Nacht würde Eleonora keine Bedrohung mehr für ihn darstellen. Die Jagd konnte beginnen.

(im Archiv gefunden und entstaubt von Xanthy)

 

Das Spiegelbild 6. Juli 2009

„NEIEIEIEIEIEIEIN!“, schreiend erwachte Eleonora in ihrem Bett. Stocksteif und bleich saß sie da, der Schweiß rann in Strömen über ihr Gesicht. Sie hatte schlecht geträumt. Wie war sie hierher gekommen? Eben noch war sie im Zelt gewesen und dann.., sie dachte nach. Sie hatte nach der Vorführung von Almatea nichts mehr vom Rest der Vorstellung mitbekommen. Geistig abwesend war sie daraufhin mit Isabell aus dem Zelt gegangen und hatte sich von ihr auf halbem Wege verabschiedet. So war sie dann nach Hause gekommen und gleich im Bett verschwunden. Nun war sie hier. Wach und noch ganz benommen von dem Albtraum, der sie gequält hatte. Ein grauenhaftes Wesen war in diesem Traum vorgekommen, ein grünes Wesen, etwas größer als ein Mensch, mit spitzen Ohren, wenig Haaren und einem Gesicht,- sie schüttelte sich, es war abscheulich gewesen und bösartig. Es hatte in einem Raum gestanden, indem eine alte Frau über eine Karte gebeugt saß, eine Karte mit seltsamen Symbolen, die ihr Angst machten. Hinter der Frau stand ein Mann. Erst hatte Eleonora ihn nicht wirklich sehen können, sein schwarzer Umhang und sein Hut verdeckten zu viel von ihm, aber irgendwann hatte er sich umgedreht, er hatte sie angesehen, als wäre sie mit ihnen in diesem Zimmer. Sie bekam immer noch eine Gänsehaut bei dem Gedanken.
Eleonora konnte nur seine Augen und seine Lippen erkennen, alles andere war unter schwarzen Binden verborgen. Seine Augen waren es, die ihr am meisten Angst bereitet hatten. Augen eisblau, voller Hass und ohne jede Seele. Und dann war sie aufgewacht.

Eleonora stand auf, ihr Nachtgewand war nass geschwitzt. Sie ging zu dem Tisch in ihrem Zimmer, goss sich etwas Wasser in die Waschschüssel und wusch sich das Gesicht, zog ihr Nachtgewand aus, ging zum Schrank und kleidete sich an. Sie ging hinunter in die Küche, schlafen konnte sie jetzt nicht mehr, also konnte sie auch liegengebliebene Arbeit erledigen. In der Küche heizte sie den Ofen an, entzündete eine Kerze und begann Socken zu stopfen.

Als der Morgen graute, erwachte Eleonora auf dem Stuhl in der Küche. Sie war über ihre Socken gebeugt eingeschlafen. Sie schaute nach ihrer Mutter, die schwer atmend immer noch schlief und beschloss die Tiere zu füttern und danach ins Dorf zu gehen. Ihre Mutter brauchte einen Arzt, das war ihr klar, doch Ärzte waren teuer, aber vielleicht, ja vielleicht würde sich einer erbarmen und ihre Mutter einmal ansehen. Eleonora beeilte sich ihre Arbeit zu erledigen, schaute noch einmal nach ihrer Mutter und verschwand dann in Richtung Dorf.

„Bitte, ich kann ihnen nicht mehr als 4 Kupferstücke geben. Die Ernte war schlecht…“, die Tür wurde ihr vor der Nase zugeschlagen. Der dritte! Zwei Heiler auf dem Markt hatten bedauernd den Kopf geschüttelt und nun das. Der einzige Arzt im Ort und seine Frau hatte ihr deutlich klar gemacht, dass sie keine Hilfe von ihm erwarten konnte. Eleonora war zum Weinen zumute. Sie ging zum Dorfbrunnen um ihr Gesicht zu kühlen. Ihre Wangen brannten vor Scham über ihre Notlage, vor Verzweiflung, weil sie ihrer Mutter nicht helfen konnte. Sie beugte sich über den Brunnen, benetzte ihr Gesicht, sie atmete tief durch und blickte ins Wasser. Ihr Gesicht war bleich. Kein Wunder nach dem vergangenen Abend, nach dem vergangenen Monat, ach, nach dem vergangenen Jahr. Sie sollte mehr essen, aber von welchem Geld? Von welcher Ernte? Während sie überlegte, nahm sie eine Bewegung rechts neben ihrem Spiegelbild war, sie wand den Kopf, aber dort war nichts. Schon wieder bildete sie sich Sachen ein. Sie schüttelte ihren Kopf und stand auf. Ein Gedanke durchzuckte sie: „Meide sich spiegelnde Oberflächen!“ Was hatten sie damit gemeint? Sie hatte ins Wasser geschaut, jedoch nichts gesehen. Sie war in Gefahr? In welcher Gefahr? Wer versuchte einen Weg zu ihr zu finden? Einen Weg woher? Ganz in Gedanken versunken, sah Eleonora die alte Frau nicht. Die alte Dame schaute Eleonora interessiert an. Erst als Eleonora fast vor ihr stand, wurde sie sich der alten Frau bewusst. „Mein Kind, du siehst aus, als wenn die Last dieser Welt auf deinen Schultern ruht.“, die Worte der alten Frau klangen sehr freundlich, aber ihr Blick machte Eleonora Angst. Es war, als wenn die Alte durch sie hindurch sehen könne. Als wenn ihre Ängste und Sorgen ihr wie die aufgeschlagenen Seiten eines Buches zugängig waren. Eleonora wich ihrem Blick aus. „Du hast große Sorgen mein Kind. Du trägst eine große Verantwortung. Deine Zukunft bestimmt über das Leben und Sterben vieler Menschen.“, die Alte seufzte. Eleonora wollte nicht noch mehr Vorhersagen hören. Sie wand sich ab und lief mit schnellen Schritten die Straße hinab zu Isabells Haus.

„Ist Isabell zu sprechen?“, Eleonora schaute die Haushaltshilfe der Familie fragend an. Sie atmete schwer. „Einen Moment, die junge Dame wird gleich herunter kommen.“ Die Haushaltshilfe bat sie in den Flur und schloss die Tür hinter ihr. Eleonora wartete ungeduldig bis ihre Freundin die Treppe hinunter kam. „Eleonora, was ist los? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“ Isabell klang besorgt. „Wie geht es deiner Mutter?“ Eleonora wollte Isabell so viel erzählen, aber sie wusste nicht wo sie anfangen sollte. Sie seufzte auf. Sollte sie Isabell von den Dingen erzählen, die ihr Almatea prophezeit hatte? Isabell runzelte die Stirn. „Eleonora, sprich mit mir, erzähl mir was dir auf dem Herzen liegt.“ Sie hakte sich bei Eleonora unter und zog sie in Richtung Wohnzimmer. Auf halben Weg in Richtung Wohnzimmer hing ein Spiegel an der Wand. Eleonora sah den Spiegel und alles in ihr sträubte sich an ihm vorbei zu gehen. Sie blieb stehen. „Was hast du denn Eleonora? Komm, lass uns einen Tee trinken. Dann kannst du mir alles erzählen, was dir auf dem Herzen liegt.“ Isabell zog Eleonora mit sanfter Gewalt weiter. Eleonora erhaschte einen Blick in den Spiegel. Was sie dort sah, ließ ihr Herz einen Moment aussetzen. Die alte Frau aus ihrem Traum blickte ihr entgegen. Ihr Gesicht verzog sich zu einem Grinsen, ganz so, als ob sie Eleonora wirklich sehen konnte. Ihre Lippen bewegten sich, aber Eleonora konnte sie nicht hören. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Sie schaute Isabell fragend an, doch die war selbst so im Gedanken versunken, dass sie keinen Blick in den Spiegel warf. Eleonora machte sich los und schrie. Isabell blieb verwundert stehen. Sie drehte sich zu Eleonora um und sah dabei in den Spiegel. Ihr Gesicht wurde weiß. „Was ist das?“ flüsterte sie ängstlich. Eleonora sah sie an, drehte sich um und floh aus dem Haus.

(im Archiv gefunden und entstaubt von  Xanthy)

Die alte Ruine 29. Juni 2009

Tief im Dämmerwald lag eine alte Ruine, sie war umrankt von Pflanzen und Bäume standen so dicht um sie herum, dass man sie entweder zufällig fand oder von ihr wusste. An diesem Ort herrschte fast absolute Stille. Die Tiere mieden ihn. Die Sonne versuchte sich ziemlich erfolglos einen Weg durch das dichte Blattwerk zu bahnen, nur hier und da schien einer ihrer Strahlen durch die Bäume und erhellte die Ruine grade genug, um für Gerüchte zu sorgen. Die, die diesen Ort kannten, erzählten sich Geschichten über Wesen, die sie dort zu sehen geglaubt hatten, ohne jemals genau zu wissen, ob ihre Sinne sie nicht getäuscht hatten. Das einzige, was einem Jäger, Holzfäller oder Sammler, die häufigsten Besucher des Waldes, auffiel, waren die Goblins, die sich anscheinend gerne in ihrer Umgebung herumtrieben. Seit Jahren waren es nicht mehr so viele Goblins gewesen wie in letzter Zeit, keiner wusste eine genaue Zahl, aber allein die Gerüchte versetzten die Menschen in ganz Simkea in Angst und Schrecken.

Eine Gestalt, dunkel wie die Nacht und ebenso beängstigend lief in der Ruine auf und ab. Die Hände hinter dem schwarzen Mantel verschränkt, der schwarze Hut auf dem Kopf, die schwarzen Stiefel, die Hose in selbiger Farbe und die Binden, schwarz wie die Nacht, die nichts von seinem Gesicht zeigten, nichts außer dem Mund und den kristallblauen, eiskalten Augen. Man hätte die Person nicht sehen können, wenn Darkman nicht aus purer Eitelkeit ein dunkelrotes Hemd sein eigen genannt hätte. Auf und ab lief er, er überlegte, plante, wartete auf den Bericht. Der Bericht auf den er seit 15 Jahren hoffte. Ein Goblin trat durch das Dunkle und stellte sich vor Darkman.

„Meister, Herr, ich habe Nachricht.“ Nie hätte jemand geglaubt, dass ein Mensch Befehlshaber über eine Goblin Armee sein könne und doch zeugte genau dieser Satz von der großen Macht und dem Respekt, der Darkman zuteil wurde. Er richtete sich auf, schaute dem Goblin in die Augen: „Dann erstatte Bericht!“, hart wie Peitschenschläge trafen den Goblin die Worte. Zu lange wartete Darkman schon. Er war ungeduldig geworden. „Herr, wir haben einen Dimensionengänger gefangen. Wir haben ihn gefoltert, bis er uns von dem Mädchen berichtete. Sie ist in einer Dimension, deren Welt den Namen Altar trägt, die Stadt ihres Aufenthalts nennt sich Altamor, sie lebt dort mit ihrer kranken Mutter auf einem Hof.“ Darkman lächelte böse, er war so nahe dran; diese Informationen waren mehr als er zu hoffen gewagt hatte, er konnte seinen Sieg schon fühlen. „Und weiter?“ „Die Hexe lässt ausrichten, dass sie ist kurz davor ist einen Übergang schaffen zu können. Ein Portal!“ „JAAA!“ Darkman ballte die Fäuste. Endlich, er war seinem Ziel so nah. Bald würde er Eleonora finden und vernichten. Die Prophezeiung würde niemals eintreffen, seine Macht würde ungebrochen bleiben.

Darkman atmete tief ein: „Lebt der Dimensionengänger noch?“, fragte er ohne jedes Mitgefühl oder Sorge in seiner Stimme. „Ja Herr!“ „Lasst ihn am Leben, vielleicht brauchen wir ihn noch. Richte der Hexe aus, dass sie sich beeilen soll. Ich möchte vor dem nächsten Vollmond ein Ergebnis sehen. Und nun geh! Du hast deine Aufgabe zu meinem Wohlwollen erfüllt.“ Der Goblin bewegte sich wieder, drehte sich um und ging davon. Darkman stand im Dunkeln der Ruine, drehte sich langsam um sich selbst und starrte dabei in das dichte Laub der Bäume um ihn herum. Er roch den Wald, die Erde, das Alter der Bäume und fühlte sich so befreit wie schon ewig nicht mehr. Er würde es schaffen, er würde es allen zeigen. Darkman würde sich von keinem kleinen Mädchen seiner Macht berauben lassen. Niemals! Nie wieder würde er hilflos zusehen, wie ihm alles genommen wurde, für das er hart gekämpft hatte. NIE WIEDER! Darkman verließ den Schutz der Ruinen und eilte zurück in die Stadt Trent.

(im Archiv gefunden und entstaubt von Xanthy)