6
Jul

Das Spiegelbild

   Posted by: Feelicitas   in Schlagzeilen

(Fortsetzungsroman von DickeFee)

„NEIEIEIEIEIEIEIN!“, schreiend erwachte Eleonora in ihrem Bett. Stocksteif und bleich saß sie da, der Schweiß rann in Strömen über ihr Gesicht. Sie hatte schlecht geträumt. Wie war sie hierher gekommen? Eben noch war sie im Zelt gewesen und dann.., sie dachte nach. Sie hatte nach der Vorführung von Almatea nichts mehr vom Rest der Vorstellung mitbekommen. Geistig abwesend war sie daraufhin mit Isabell aus dem Zelt gegangen und hatte sich von ihr auf halbem Wege verabschiedet. So war sie dann nach Hause gekommen und gleich im Bett verschwunden. Nun war sie hier. Wach und noch ganz benommen von dem Albtraum, der sie gequält hatte. Ein grauenhaftes Wesen war in diesem Traum vorgekommen, ein grünes Wesen, etwas größer als ein Mensch, mit spitzen Ohren, wenig Haaren und einem Gesicht,- sie schüttelte sich, es war abscheulich gewesen und bösartig. Es hatte in einem Raum gestanden, indem eine alte Frau über eine Karte gebeugt saß, eine Karte mit seltsamen Symbolen, die ihr Angst machten. Hinter der Frau stand ein Mann. Erst hatte Eleonora ihn nicht wirklich sehen können, sein schwarzer Umhang und sein Hut verdeckten zu viel von ihm, aber irgendwann hatte er sich umgedreht, er hatte sie angesehen, als wäre sie mit ihnen in diesem Zimmer. Sie bekam immer noch eine Gänsehaut bei dem Gedanken.
Eleonora konnte nur seine Augen und seine Lippen erkennen, alles andere war unter schwarzen Binden verborgen. Seine Augen waren es, was ihr am meisten Angst bereitet hatte. Augen eisblau, voller Hass und ohne jede Seele. Und dann war sie aufgewacht.

Eleonora stand auf, ihr Nachtgewand war nass geschwitzt. Sie ging zu dem Tisch in ihrem Zimmer, goss sich etwas Wasser in die Waschschüssel und wusch sich das Gesicht, zog ihr Nachtgewand aus, ging zum Schrank und kleidete sich an. Sie ging hinunter in die Küche, schlafen konnte sie jetzt nicht mehr, also konnte sie auch liegengebliebene Arbeit erledigen. In der Küche heizte sie den Ofen an, entzündete eine Kerze und begann Socken zu stopfen.

Als der Morgen graute erwachte Eleonora auf dem Stuhl in der Küche. Sie war über ihre Socken gebeugt eingeschlafen. Sie schaute nach ihrer Mutter, die schwer atmend immer noch schlief und beschloss die Tiere zu füttern und danach ins Dorf zu gehen. Ihre Mutter brauchte einen Arzt, das war ihr klar, doch Ärzte waren teuer, aber vielleicht, ja vielleicht würde sich einer erbarmen und ihre Mutter einmal ansehen. Eleonora beeilte sich ihre Arbeit zu erledigen, schaute noch einmal nach ihrer Mutter und verschwand dann in Richtung Dorf.

„Bitte, ich kann ihnen nicht mehr als 4 Kupferstücke geben. Die Ernte war schlecht…“, die Tür wurde ihr vor der Nase zugeschlagen. Der dritte! Zwei Heiler auf dem Markt hatten bedauernd den Kopf geschüttelt und nun das. Der einzige Arzt im Ort und seine Frau hatte ihr deutlich klar gemacht, dass sie keine Hilfe von ihm erwarten konnte. Eleonora war zum weinen zumute. Sie ging zum Dorfbrunnen um ihr Gesicht zu kühlen. Ihre Wangen brannten vom Scham über ihre Notlage, vor Verzweiflung, weil sie ihrer Mutter nicht helfen konnte. Sie beugte sich über den Brunnen, benetzte ihr Gesicht, sie atmete tief durch und blickte ins Wasser. Ihr Gesicht war bleich. Kein Wunder nach dem vergangenen Abend, nach dem vergangenen Monat, ach, nach dem vergangenen Jahr. Sie sollte mehr essen, aber von welchem Geld? Von welcher Ernte? Während sie überlegte nahm sie eine Bewegung rechts neben ihrem Spiegelbild war, sie wand den Kopf, aber dort war nichts. Schon wieder bildete sie sich Sachen ein. Sie schüttelte ihren Kopf und stand auf. Ein Gedanke durchzuckte sie: „Meide sich spiegelnde Oberflächen!“ Was hatten sie damit gemeint? Sie hatte ins Wasser geschaut, jedoch nichts gesehen. Sie war in Gefahr? In welcher Gefahr? Wer versuchte einen Weg zu ihr zu finden? Einen Weg woher? Ganz in Gedanken versunken sah Eleonora die alte Frau nicht. Die alte Dame schaute Eleonora interessiert an. Erst als Eleonora fast vor ihr stand wurde sie sich der alten Frau bewusst. „Mein Kind, du siehst aus, als wenn die Last dieser Welt auf deinen Schultern ruht.“, die Worte der alten Frau klangen sehr freundlich, aber ihr Blick machte Eleonora Angst. Es war, als wenn die Alte durch sie hindurch sehen könne. Als wenn ihre Ängste und Sorgen ihr wie die aufgeschlagenen Seiten eines Buches zugängig waren. Eleonora wich ihrem Blick aus. „Du hast große Sorgen mein Kind. Du trägst eine große Verantwortung. Deine Zukunft bestimmt über das Leben und Sterben vieler Menschen.“, die Alte seufzte. Eleonora wollte nicht noch mehr Vorhersagen hören. Sie wand sich ab und lief mit schnellen Schritten die Straße hinab zu Isabells Haus.

„Ist Isabell zu sprechen?“, Eleonora schaute die Haushaltshilfe der Familie fragend an. Sie atmete schwer. „Einen Moment, die junge Dame wird gleich herunter kommen.“ Die Haushaltshilfe bat sie in den Flur und schloss die Tür hinter ihr. Eleonora wartete ungeduldig bis ihre Freundin die Treppe hinunter kam. „Eleonora, was ist los? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“ Isabell klang besorgt. „Wie geht es deiner Mutter?“ Eleonora wollte Isabell so viel erzählen, aber sie wusste nicht wo sie anfangen sollte. Sie seufzte auf. Sollte sie Isabell von den Dingen erzählen, die ihr Almatea prophezeit hatte? Isabell runzelte die Stirn. „Eleonora, sprich mit mir, erzähl mir was dir auf dem Herzen liegt.“ Sie hakte sich bei Eleonora unter und zog sie in Richtung Wohnzimmer. Auf halben Weg in Richtung Wohnzimmer hing ein Spiegel an der Wand. Eleonora sah den Spiegel und alles in ihr sträubte sich an ihm vorbei zu gehen. Sie blieb stehen. „Was hast du den Eleonora? Komm, lass uns einen Tee trinken. Dann kannst du mir alles erzählen, was dir auf dem Herzen liegt.“ Isabell zog Eleonora mit sanfter Gewalt weiter. Eleonora erhaschte einen Blick in den Spiegel. Was sie dort sah ließ ihr Herz einen Moment aussetzen. Die alte Frau aus ihrem Traum blickte ihr entgegen. Ihr Gesicht verzog sich zu einem Grinsen, ganz so, als ob sie Eleonora wirklich sehen konnte. Ihre Lippen bewegten sich, aber Eleonora konnte sie nicht hören. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Sie schaute Isabell fragend an, doch die war selbst so im Gedanken versunken, dass sie keinen Blick in den Spiegel warf. Eleonora machte sich los und schrie. Isabell blieb verwundert stehen. Sie drehte sich zu Eleonora um und sah dabei in den Spiegel. Ihr Gesicht wurde weiß. „Was ist das?“ flüsterte sie ängstlich. Eleonora sah sie an drehte sich um und floh aus dem Haus.

This entry was posted on Montag, Juli 6th, 2009 at 09:59 and is filed under Schlagzeilen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Both comments and pings are currently closed.

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