5
Okt

Der Fleischer

   Posted by: Lady Sharina   in Berufs - Bilder

Geneigte Leser,
auch in dieser Ausgabe des Trenter Boten sollt ihr natürlich nicht auf die Vorstellung eines weiteren Berufs unserer Welt verzichten müssen. Nachdem die letzte Woche doch sehr handwerklich geprägt war, habe ich meine Aufmerksamkeit dieses Mal in eine ganz andere Richtung gelenkt: Den Fleischer.
Sicher, es gibt durchaus Berufsbezeichnungen, die weniger einschüchternd klingen, doch auch hinter diesem Wort verbirgt sich eine achtbare Tätigkeit. Doch was genau tun Fleischer, und wie denken sie über ihre Arbeit?
Um dies, und noch ein wenig mehr, hinauszufinden, machte ich mich erneut für euch auf den Weg. Die Hallen des Wissens konnten mir dieses Mal leider nicht weiterhelfen; so machte ich mich direkt auf die Suche nach einem Bürger Trents, den ich dazu würde befragen können.
Nachdem ich mich ein wenig herumgefragt hatte, fand ich auch einen eben solchen : Jim der Siedler. Schnell hatte ich ihn überzeugt, mir alles über seinen Beruf zu berichten.

„Also Jim… Fleischer… das klingt ja ein wenig, nun ja, nennen wir es mal blutig. Inwiefern trifft das auch auf diesen Beruf zu?“
Jim ließ sich zunächst neben mir nieder. „Nun, ich ziehe meist den Begriff Schlachter vor, da Fleisch ja nur ein Zwischenprodukt ist.. Es gibt ja Leute, die meinen, man könnte tote Tiere schlachten…“ Er hob den Zeigefinger. „Aber dem ist nicht so!“
Ich hielt in meinen Notizen inne, ein wenig unsicher, und wartete, ob da wohl noch eine Erklärung folgen würde.
Diese folgte auch, nicht lange danach. „Es ist schon hilfreich, wenn sie tot sind, aber ein Schlachter kann mit Häuten, Fellen und dergelichen nicht viel anfangen.“
„Sondern mit dem Fleisch?“, warf ich ein, bestrebt, auch etwas Produktives zu diesem Gespräch beitragen zu können.
„Auch das nicht, Liala.“, wurde meine Hoffnung im nächsten Moment von Jim genommen. „Meist werden mir gehäutetete Tiere, wie Rehe und Wölfe, angeliefert. Man kann auch diverse Tiere vom Gutshof schlachten, aber dies übernehmen die Viehzüchter aus verschiedenen Gründen gerne selbst.“
Ich zuckte mit den Achseln. „Vielleicht sind sie der Ansicht, dass der Tod von einer bekannten Hand für das Vieh angenehmer ist…“
Jim hob abwehrend die Hand. „Nun, ich bin kein Viehzüchter und auf dem Gutshof ein selten gesehener Gast, ich kann also nicht viel dazu sagen.“
Ich blätterte schnell durch meine Unterlagen, um wieder zum Kern des Gespräches zurückzukehren. „So, Ihr bekommt dann also gehäutetes Wild. Und wie gestaltet sich der weitere Ablauf? Ein halbes Reh dürfte wohl kaum in eine Pfanne passen.“
Das nun folgende, „Richtig, Liala.“, motivierte mich wieder ein wenig. Jims Blick jedoch schien plötzlich weit weg zu driften.
„Ach ja… früher, in der guten alten Zeit, konnte man die Tiere noch halbieren, aber seit vor einigen Monaten eine Wildkrankheit um sich gegriffen hat, erließen die Ratsherren die neuen Schlachtgesetze …“
Beim Gedanken an ein säuberlich geteiltes Tier erschauderte ich unwillkührlich, eine rege Phantasie ist nicht immer ein Segen. Meine Gefühlsregungen mussten mehr als deutlich zutage getreten sein, denn Jim setzte erneut, nun beruhigend, an.
„Ach, das Blut lassen die Jäger schon ab, bisher habe ich mir noch kein blutiges Messer bei dieser ehrlichen Arbeit geholt.“
Ich schluckte schwer und versuchte, jeden weiteren Gedanken an halbe Rehe zu vertreiben. „In Ordnung, überspringen wir diesen Schritt. Was macht Ihr dann mit dem Fleisch, wenn Ihr dieses erfolgreich aus dem Wild… entfernt habt?“
Entspannt lehnte sich Jim zurück. „Nun, dann sind die Kundenwünsche gefragt. Da die Wurstproduktion noch nicht so recht laufen will, biete ich vor allem rohe Steaks und rohe Schnitzel an.“
„…welche dann von den Köchen weiterverarbeitet werden.“, beendete ich seinen Satz. „Welches Werkzeug nutzt Ihr für Eure Arbeit?“
Er hob das fragliche Objekt zu Demonstrationszwecken hoch, welches, sehr zu meiner Erleichterung, frisch gesäubert schien. „Dafür benutze ich nur die Schlachtermesser, die ich selbst nebenberuflich herstelle. Ich mache da auch keine Versuche mit anderen Klingen, deren Schärfe ich nicht so zuverlässig kenne.“
Ich ergänzte meine Notizen. „Verständlich, Ihr braucht schließlich ordentliche Steaks und Schnitzel und keine Fleischklumpen… Also, das Fleischwerhandwerk ist sicher nicht das einfachste… welche körperlichen Fähigkeiten sollte ein angehender Fleischer denn mitbringen?“
Er dachte kurz nach, steckte sein Messer weg und nickte dann. „Man braucht, gerade bei zähen Wölfen, aber auch bei mageren Rehen schon eine gewisse Körperkraft, aber ohne Geschick ist es nur schwer möglich, die richtige Stelle zum Ansetzen der Klinge zu erwischen. Und bei den rohen Steaks und Schnitzeln ist natürlich auch eine gewisse Fingerfertigkeit nötig – mit so scharfen Messern muss man umgehen können!“
„In Ordnung…“, entgegnete ich mit einem weiteren Blick auf meine Notizen. „Dann noch eine letzte Frage, sofern Ihr erlaubt. Würdet Ihr sagen, dass dieses Handwerk auch für Neulinge geeignet ist?“
Ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Für blutige Neulinge – verzeiht das Wortspiel – würde ich es nicht empfehlen. Ganz einfach, weil man erst ein paar Kontakte zu Jägern braucht, die genug Wild beiholen können. Und für den Weiterverkauf braucht man Köche, die an Steaks uns Schnitzeln Interesse haben.“ Nachdenklich legte er den Kopf schief. „Andererseits hält sich der Wildbedarf im Vergleich zum Einsatz in einem durchaus sinnvollen Rahmen, das spricht dann wieder eher für Neulinge… ach, das muss wohl jeder selbst wissen.“
Ich vermerkte die letzten Worte auf meinem Notizzettel und erhob mich.
„Nun Jim, vielen Dank für Eure Auskünfte.“
Jim stand nun ebenfalls auf. „Ich hoffe, ich konnte Euch behilflich sein und freue mich diesmal sogar noch mehr darauf, die nächste Ausgabe Eures Boten in Händen halten zu können. Gute Werbung ist für jedes Geschäft ein Gewinn.“
Lächelnd knickste ich. „Die dürfte Euch nun gewiss sein.“
Wir verabschiedeten uns voneinander und gingen unserer Wege.

Meine führten mich natürlich umgehend in unser Redaktionsgebäude, wo ich mich zunächst bemühte, meinen Magen zu beruhigen. Ich muss sagen, bis ich meine Notizen erneut durchging, war mir das auch gelungen.
Ich überlasse es in dieser Woche euch, werte Leser, zu entscheiden, ob dieser Beruf auch etwas für euch sein könnte. Eins jedoch ist auf jeden Fall zu empfehlen, wenn ihr es einmal wagen solltet – ein robuster, unerschütterlicher Magen.
Ich wünsche euch eine angenehme Woche,
Eure Liala

This entry was posted on Montag, Oktober 5th, 2009 at 09:59 and is filed under Berufs - Bilder. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Both comments and pings are currently closed.

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