Geneigte Leser,
in der heutigen Ausgabe werdet Ihr einen Einblick in die Welt eines für gewöhnlich etwas raueren Menschenschlags Simkeas erhalten. Die Rede ist vom Holzfäller. Fast jeder nennt eines seiner Produkte sein eigen, kaum einer hatte noch nie mit einem solchen zu tun. Doch was genau tun sie dort, in den Tiefen des Dämmerwaldes? Dies und noch einiges mehr gilt es heute herauszufinden.
Die stets einwandfrei gepflegten und zuverlässigen Hallen des Wissens lieferten mir, wie stets, die ersten Informationen.
Die Produkte des Holzfällers werden in nahezu allen Wirtschaftszweigen benötigt – vom Koch über den Möbelbauer bis hin zum Schmied, sie alle sind auf dessen Erzeugnisse angewiesen. Ein attraktiver Beruf also? Ich werde es für Euch herausfinden…
Am Markt angekommen blickte ich mich zunächst einmal um, Holzfäller kann man doch bestimmt an ihren kräftigen Armen ausmachen! Ich beäugte die Anwesenden und sogleich fiel mir Nicol Bolas auf, der gerade die Auslage der Markstände betrachtete.
Ich lief eilig auf ihn zu und sprach ihn an, ob er denn ein Holzfäller sei. Meine Vermutung stellte sich als richtig heraus, woraufhin ich ihn bat, mir auf der Bank einige Fragen zu beantworten.
„Zunächst einmal Danke, dass Ihr Euch die Zeit nehmt. Beginnen wir gleich – Beschreibt unseren Lesern doch einmal, wie Euer typischer Tagesablauf aussieht.“
Er nahm nun ebenfalls auf der Bank Platz und machte es sich bequem. „Gern beantworte ich Eure Fragen. Also, der Tag beginnt kurz vor Sonnenaufgang. Zunächst wird ein ordentliches Frühstück eingenommen, um für die harte, anstrengende Arbeit gestärkt zu sein. Danach geht man durch den Wald, auf der Suche nach einem passenden Stamm. Das Alter ist wichtig, je nachdem, welche Stärke die Bretter später haben sollen. Alte und tote Bäume eignen sich meist noch gut als Brennholz.“ Er hielt kurz inne. „Sodann beginnt man, den gewählten Baum fachgerecht zu Boden zu bringen. Was leicht klingt, ist in Wahrheit ein gefährlicher Job, der viel Erfahrung erfodert…“ Wieder machte er eine Pause, in welcher ich interessiert auf seine nächsten Ausführungen wartete. „Nachdem der Stamm liegt, muss er von allen kleinen und größeren Ästen befreit werden. Dann muss der Stamm aus dem Wald herausgeschleppt und zu Brettern und Balken verarbeitet werden. Auch das Spalten von Feuerholz macht man am besten bereits dort.“
Eifrig flog meine Feder über das Pergament, um alle wichtigen Punkte zu notieren. Ich blickte auf. „Wo Ihr gerade von Stärkung sprecht, welche körperlichen Eigenschaften sollte ein Holzfäller denn mitbringen, um bestehen zu können?“
Er nickte bedächtig. „Wie es nicht anders zu erwarten ist, sollte ein guter Holzfäller über nicht zu schwache Muskeln verfügen. Ein gutes Maß an Ausdauer ist ebenfalls von Nutzen, weil die schweißtreibende Arbeit sich über Stunden hinziehen kann.“
„Also nicht nur ein anstrengender, sondern auch gefährlicher Beruf. Hattet Ihr in Eurer Laufbahn denn schon mal einen größeren Unfall?“ Gespannt lehnte ich mich etwas vor.
Nicol wiederum schmunzelte leicht, ehe er antwortete: „Nun, glücklicherweise konnte ich bisher noch jedem fallenden Baum ausweichen. Selbst die Bäume meiner Kollegen haben mich bisher nicht erwischt. Trotzdem sollte man immer auf der Hut vor wilden Tieren sein. Auch gibt es in den Wäldern Bienenschwärme, die selbst dem stärksten Mann arg zusetzen können.“
Mich schauderte es, mit Bienen hatte ich auch schon einmal Bekanntschaft gemacht, von den wilden Tieren ganz zu schweigen. „Aber Ihr tragt doch sicher Werkzeug, mit dem Ihr Euch notfalls auch verteidigen könntet? Aber wo wir gerade davon sprechen… welche Werkzeuge nutzen Holzfäller denn?“
„Das wichtigste Werkzeug ist wohl eindeutig die Axt, mit ihr kann man auch die dickste Eiche zu Fall bringen… Außerdem kommt man als Holzfäller nicht ohne eine Säge aus, wenn man die Baumstämme weiterverarbeiten will.“
„Fällt Ihr denn nur Eichen oder auch anderes Gehölz?“
Er legte leicht den Kopf schief. „Bisher sind mir nur Eichen aufgefallen, in allen Größen, von der stattlichen bis zur kümmerlich verwachsenen.“ Erneut hielt er kurz inne. „In den dunklen Ecken des Waldes stehen hie und da noch einige Weiden, aus denen sich jedoch leider kein gutes Holz zum Bauen oder Verfeuern gewinnen lässt.“
„Aber kommen wir noch einmal kurz zum weiterbearbeiten, von dem Ihr vorhin spracht.“, hakte ich ein. „Sind dies auch die Fähigkeiten eines Holzfällers oder erfordert es da andere Fertigkeiten?“
Nicol nickte. „Ja, während die Arbeit des Holzfällers doch eine recht grobe ist, sind die Aufgaben, die danach zu erledigen sind, wesentlich anspruchsvoller. Neben der sicherlich auch hier nicht schadenden Körperkraft ist es unumgänglich, geschickt mit den Händen zu sein, und sich vorher Gedanken über die beste Verarbeitung des Materials zu machen.
Insbesondere sind die Werkzeuge, die man hier zu beherrschen hat, zahlreicher und komplizierter. Man muß mit dem Hobel umgehen können, ebenso wie mit der Holzzwinge und dem Hammer. Die Säge leistet auch hier gute Dienste.“
Wieder notierte ich eifrig. „Also durchaus auch etwas, womit man sich über das Holzfällen hinaus beschäftigen sollte. Kommen wir zur letzten Frage – wie erlebt Ihr den derzeiten Absatz Eurer Produkte?“
„Der Absatz…“ Er legte kurz die Stirn in Falten. „Nun, nach dem verheerenden Waldbrand ist es schwer geworden, gute Baumstämme zu bekommen, und die Lager sind bald leergeräumt. Die Nachfrage nach Brennholz dagegen ist ungebrochen. Überdies kam mir zu Ohren, dass in letzter Zeit vermehrt allerlei Verschiedenes aus Holz benötigt wird… irgend etwas mit Schiffen. Mehr ist mir auch nicht bekannt.“
„Ich danke Euch vielmals für Eure Ausführungen, Nicol.“ Mit diesen Worten erhob ich mich von der Bank und bedankte mich mit einem Knicks.
„Es war mir eine Ehre, Eure Fragen zu beantworten, Liala.“ Er erhob sich ebenfalls, woraufhin wir uns verabschiedeten.
Zurück in der Redaktion ging ich meine Notizen noch einmal durch. Es scheint, als wäre die Holzfällerarbeit durchaus eine interessante Tätigkeit für all jene, die neben der Arbeit in der Stadt noch eine Ertüchtigung außerhalb Trents suchen. Nur Mut, einen Versuch ist es sicher wert!
Ich wünsch Euch eine erfolgreiche Woche,
Eure Liala