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Sep

Seelenjagd – Teil 3

   Posted by: Lahja   in Geschichten, Gedichte und Musikalisches

 

“Kindchen, beruhig dich, ich hab nicht ein Wort verstanden. Also, von vorn bitte…”

Professor Bloom legte seinen Zwicker auf dem Pult ab und schaute Lahja abwartend, mit fragendem Blick an. Er bedeutete ihr, sich auf den Sessel ihm gegenüber zu setzen.

Sie nahm Platz, atmete tief durch und erzählte Bloom, was sie in Rattis Haus entdeckt hatte. Der Professor nickte ab und zu wissend und als Lahja geendet hatte, erhob er sich und setzte einen Kessel Wasser für Tee auf. Er legte dabei eine Ruhe an den Tag, die Lahja schier in den Wahnsinn trieb. Doch sie wusste mittlerweile, daß man Bloom in keinem Fall antreiben durfte. Also wartete sie schweigend ab. Der Gelehrte stellte ihr nach einer gefühlten Ewigkeit einen Becher Tee hin und setzte sich mit einem weiteren Becher für sich selbst wieder in seinen Ohrensessel.

“Ich erinnere mich an einen Vorfall in der Nacht zu Allerheiligen oder Samhain im vergangenen Jahr…” Nachdenklich schlürfte Bloom von seinem Tee.

“Das wird der Zeitpunkt gewesen sein, als der Rattentod seinen Anspruch auf die Seele der Ava Dove erhoben hat.”

Lahja hörte gespannt zu, dann neigte sie den Kopf grübelnd.

“Anspruch? Aber … Ava ist doch keine Ratte. Ist denn Ratti … auch für andere Wesen zuständig?”

Bloom lachte leise. “Das ist wohl wahr, sie ist eindeutig keine Ratte.” Dann wurde er ernst.

“Doch sie hat genommen, was der Rattentod für sich beansprucht hatte.”

Nach einem weiteren Schluck Tee fuhr er fort. “Wenn der Tod seine Wahl getroffen hat und davon abgebracht wird, dann muss … nun ja, Ersatz her.”

Wie grausam sich das anhörte, befand Lahja. Wenn ich für mein Geld nicht dieses Stück Brot bekomme, dann muß ich halt eine andere Ware kaufen. Wieder lachte Bloom leise und nickte. “So ist das, für den Tod ist der Seelenfang nichts anderes als Geschäft.”

Der Gelehrte erhob sich aus dem Sessel und trat an eines seiner vielen Bücherregale heran. Leise murmelnd suchte er die Reihen ab, den rechten Zeigefinger über jeden einzelnen Buchrücken führend. Lahja wollte schon aufspringen und ihm seinen Zwicker bringen … doch sie zwang sich zur Ruhe, obwohl sie innerlich beinahe platzte. Schließlich hatte Bloom das gesuchte Buch gefunden, schlug es auf und blätterte langsam, furchtbar langsam darin herum. Er nickte und erklärte leise, ohne den Blick von den Buchseiten zu nehmen

“Ob ganze Seelen oder vorerst einen Teil davon, alles wird säuberlich aufbewahrt … zusammen mit den Lebensuhren.”

Der Rotschopf erschrak. Dann wusste Ratti also, wer wann seinen letzten Atemzug tun würde? Hatte sie wohl Lebensuhren von allen Simkeanern? Etwa auch von ihr? In keinem Fall, was auch immer geschehen würde, wollte Lahja einen weiteren Blick auf diese Uhren werfen. Dieses Wissen würde sie glatt um ihren Schlaf, vielleicht sogar um ihren Verstand bringen.

[Fortsetzung folgt]

(Lahja)

This entry was posted on Dienstag, September 29th, 2015 at 09:52 and is filed under Geschichten, Gedichte und Musikalisches. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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