7
Mai

Schnuddels Stehleiter

   Posted by: Liala   in Schlagzeilen

Geneigte Leser,

wieder einmal fand ich mich am Ende der Woche in einer altbekannten Situation wieder. Grüblerisch auf meiner Feder kauend saß ich des Abends am marktplatzlichen Feuer und sinnierte vor mich hin. Was sollte ich den Lesern des Trenter Boten nur diese Woche vorstellen? Ich blickte mich um. Merkhölzer, Schnellkarten… alles nich spektakulär genug! Während ich noch überlegte, schob sich ein amüsanter Anblick in mein Sichtfeld: der Gnom Schnuddel, der sich mit einer Stehleiter – deutlich größer als der ganze Kerl – abmühte. Nach einem eiligen Grinsen eilte ich hilfsbereit zu ihm.

„Schnuddel, kann man Euch helfen?“ Ich verkniff mir ein weiteres Grinsen, als der Gnom die Leiter von seiner Schulter hievte.
„Mir is nich zu helfen…“, nuschelte er, berappelte sich aber rasch. „Tschuldigung. Korrekter: Danke, ich muss das selber können.“
„Müsst Ihr?“ Ich zog eine Augenbraue hoch und deutete auf die Leiter. „Wofür braucht Ihr dieses Ungetüm denn?“
„Nuuun“ , setzte er an, „ich kann damit besser die Marktstände übersehen. Zum anderen habe ich bessere Übersicht über die Leute am Markt. Außerdem und als wichtigstes: Die Leiter ist recht nützlich für Minnedienste.“ Seine Lippen teilten sich zu einem Lächeln.
„Ja, als Gnom ist bessere Übersicht gewiss recht praktisch.“, stimmte ich zu. „Aber Minnedienste? Wen beminnt Ihr denn?“
Schnuddel, ganz Gentleman, ließ sich mit seiner Antwort keine Sekunde Zeit. „Hauptsächlich meine neue Freundin Alessa. Aber auch andere nehmen meine Dienste gern in Anspruch, wenn es darum, geht diverse Schlösser zu öffnen.“ Irritiert blickte ich von meinen Notizen auf. Mit Minnen Schlösser öffnen? Ich hatte zwar schon von so genannten Keuschheitsgürteln gehört, aber ob das wirklich…
„Schlösser?“, unterbrach ich meine Spekulationen selbst. Wie drückte ich das nun diplomatisch aus? Vielleicht… „Wie öffnet man denn mit einer Stehleiter Schlösser?“
„Nun, die Türschlösser sind ja meist in einer Höhe angebracht, welche von Gnomen nicht ohne Hilfsmittel erreichbar sind. Wobei Schlösser öffnen meist bedeutet: Jemand hat sich aus- oder eingesperrt. Da muß man doch helfen. Gnome sind da recht geschickt.“ Er nickte zur Bekräftigung seiner Worte, während ich tief durchatmete. Wie schön, wenn ein seltsamer Gedanke sich mal nicht bestätigt.
„Ah, Ihr betreibt also einen Schlüsseldienst!“ Ich machte mir gedanklich einen Vermerk hierzu, sollte ich einmal meinen eigenen Schlüssel verlegt haben. „Aber zurück zur Leiter – wo habt Ihr sie erworben? Habt Ihr sie gar selbst gefertigt oder stand Euch ein tüchtiger Handwerker zur Seite?“
„Als Dienstleister in der Schlösseröffnungsbranche mache ich keine Reklame, um haltlose Verdächigungen von Gatten zu vermeiden.“, erklärte der Gnom. „Ja, und meine Leiter hab ich natürlich selbst gefertigt. Ich bin ganz gut im Fachbereich Holzbearbeitung. Solch ein persönlicher Gegenstand ist nicht zu kaufen. Zumal er ja auch auf meine Körperproportionen abgestimmt ist. Schon aus Arbeitsschutzgründen.“
„Ja gut, das ist natürlich verständlich. Wir wollen ja nicht, dass sich ein nicht Befugter auf Eurer Stehleiter noch die Haxen bricht.“, grinste ich. „Schön, dann weiterhin viel Erfolg beim Öffnen… ob nun Schlösser oder das Herz Eurer Liebsten.“ Ich ließ mich zu einem Zwinkern hinreißen.
„Dank Euch für die guten Wünsche.“, erwiderte Schnuddel. „Ich möchte aber gern noch anfügen, dass ich mir, wenn ich mehr Erfahrung gesammelt habe, ein Hausboot bauen möchte. Im Schiffsbaubereich ist so eine Leiter ja auch zwingend notwendig. Später ist sie auch nützlich als Badeleiter.“
„Oh!“, rief ich aus. „Dann sagt mir unbedingt Bescheid, wenn das Hausboot fertig ist! Das interessiert unsere Leser sicher auch brennend.“ Ich kritzelte eilig eine Notiz auf die letzte Seite meines Büchleins, das durfte auf keinen Fall vergessen werden.
„Aber natürlich. Der Stapellauf wird doch ordentlich gefeiert. Bis zur Kiellegung ist es allerdings noch weit hin. Solch Hausboot ist finanziell nicht grade ein Schnäppchen.“
„Das kann ich mir in der Tat vorstellen. Dann ganz viel Erfolg dabei und Danke nochmal für Eure freundlichen Auskünfte.“

Nach einer freundlichen Verabschiedung hielt ich Schnuddel nicht länger von seiner Arbeit ab und machte mich an selbige. Auch, wenn die meisten von uns ihre täglichen Erledigungen wohl ohne Leiter bewältigen können, kann eine solche bisweilen wohl doch recht nützlich sein. Und falls Ihr demnächst mal wieder scheitert, wenn es gilt, eine Kerze im Kronleuchter auszutauschen, steht Schnuddel Euch gewiss gerne zur Seite.

Eine schöne Woche wünscht
Eure Lia

This entry was posted on Montag, Mai 7th, 2012 at 09:59 and is filed under Schlagzeilen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Responses are currently closed, but you can trackback from your own site.

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