Geneigte Leser,
auch die dieswöchige Ausgabe des Boten und mit ihr die „Berufs-Bilder“ halten natürlich wieder etwas Neues und Informatives für euch bereit. Nachdem der letzte Beitrag nun doch recht umfangreich und vielleicht auch ein wenig einschüchternd wirkte, könnt ihr euch heute auf einen wesentlich überschaubareren Beruf freuen – den Töpfer.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass seine Arbeit weniger wichtig ist. Wie sonst sollte es wohl möglich sein, all die Massen an Simkeaner zuverlässig mit Wasser und anderen Getränken zu versorgen? Wer schon einmal probiert hat, mit bloßen Händen Wasser zu schöpfen, wird verstehen, was ich meine.
In diesem Sinne begab ich mich auf den Marktplatz, den Blick immer auf Handhöhe der Bewohner, um dort vielleicht einen Töpfer anhand der Tonspuren ausfindig zu machen.
Es dauerte auch nicht lang, bis ich die typischen Spuren an den Händen einer Simkeanerin ausmachen konnte – Krissi. Sie erklärte sich auch sogleich bereit, mir für euch, werte Leser, die ein oder andere Frage zu beantworten.
„Erst einmal Danke, dass Ihr Euch die Zeit nehmt.“ Wir ließen uns nieder. „Beginnen wir gleich – was hat Euch dazu bewogen, Töpferin zu werden?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich mach das ja nicht hauptberuflich, aber so kann ich Mörser, Tonschalen, Tonkrüge und Becher selbst herstellen.“
„Also eher Notwendigkeit als Wunschberuf?“, fragte ich erstaunt.
„Genau.“, bestätigte sie meine Frage. „Andere Sachen liegen mir mehr und man kann mit der Töpferei auch nicht wirklich viel verdienen.“
Das erstaunte mich nun doch. „Sind die Produkte des Töpfers denn so unbeliebt? Den Eindruck hatte ich bisher nicht.“
Verneinend schüttelte Krissi den Kopf. „Nein, das nicht, aber sie halten ziemlich lange.“
„Nun, das spricht natürlich für die Qualität Eurer Waren, wenngleich es dem Absatz weniger zuträglich ist.“ Ich überflog meine Notizen. „Wie groß ist denn der Fertigungsaufwand?“
„Na, es ist schon sehr anstrengend.“ Ich warf einen Blick in ihr Gesicht, welches in der Tat einen eher müden Eindruck machte. Offenbar war sie heute schon fleißig gewesen.
„Und die Materialien? Das Werkzeug?“, hakte ich nach.
„Den Lehm sammle ich meistens selbst, und ein spezielles Werkzeug benötigt man nicht.“
Ich beschloss, Krissi ein wenig Ruhe zu gönnen und bedankte mich mit einem Knicks bei ihr. Mit all meinen Zetteln beladen erhob ich mich und wurde von ihr mit einem fröhlichen „Gern geschehen!“ verabschiedet.
Zunächst trug ich die bisherigen Informationen zusammen und notierte mir noch, was mir während des Gesprächs noch in den Sinn gekommen war. Kritisch stellte ich jedoch schließlich fest, dass ich vielleicht doch noch die ein oder andere Meinung würde einholen müssen.
Wie gerufen erblickte ich just in diesem Moment, als ich aus dem Fenster an meinem Schreibtisch schaute, Sellina, die sich gerade die tonverschmierten Hände mit einem Tuch reinigte. Wehenden Rockes stürzte ich aus dem Redaktionsgebäude, um sie vielleicht noch abfangen zu könne, was mir auch gelang. Glücklicherweise hatte sie gerade etwas Zeit, die ich nutzte, um sie zum Gespräch beiseite zu ziehen.
„Also Sellina, ich habe eben schon mit Krissi gesprochen, aber vielleicht könnt Ihr mir ja noch ein paar andere Eindrücke liefern. Ist das Töpfern bei Euch auch Notwendigkeit oder eine Arbeit, der Ihr gerne nachgeht?“
„Auf alle Fälle eine Arbeit, der ich gerne nach gehe.“, lächelte sie. „Bevor ich nach Simkea kam lebte ich in einem Ort, in dem das Töpferhandwerk eine lange Tradition hat. Schon deshalb war das die erste Tätigkeit hier, die ich mir näher angeschaut habe.“
Eifrig ließ ich meine Feder über das Papier kratzen. „Welche körperlichen Voraussetzungen braucht man denn als Töpfer? Sicher kann nicht jeder dieser Arbeit nachgehen.“
Sie blickte kurz auf ihre Hände, ehe sie zur Antwort ansetzte. „Nun, man sollte auf alle Fälle viel Geschick mit den Händen haben. Es braucht einiges davon und natürlich Übung, um aus dem unförmigen Klumpen ein filigranes Gefäß zu machen.“
„Oh ja, das glaube ich!“, stimmte ich eifrig zu. „Ich hab es ja, ehrlich gesagt, auch schon einmal probiert aber was dann dabei rauskam…“ Ich unterbrach mich für ein kurzes Räuspern. „Nun, wie auch immer. Wo befinden sich die Arbeitsstätten der Töpfer? Oder könnt Ihr überall arbeiten?“
Abwägend legte sie den Kopf schief. „Man könnte zwar den Lehm überall kneten, doch die verschiedenen Gefäße gelingen nur an der Töpferscheibe, die man im Haus des Handwerks in Trent findet. Dort steht auch gleich der Brennofen, der zum Härten der erst sehr weichen und noch verformbaren Gebilde dient.“
„Interessant…“ Wieder notierte ich. „Ich habe mich schon immer gefragt, wie aus so einem matschigen Haufen etwas Festes werden kann. Dann eine Frage zum Schluss – ist das Töpfern Eurer Meinung nach eine sinnvolle Arbeit für Neulinge?“ Fragend blickte ich von meinem Block auf.
Mit einem Nicken bestätigte Sellina meine Frage. „Ja, durchaus. Der einzige Ausgangsstoff ist Lehm, den man sich als Anfänger mit ein wenig allgemeinem Geschick in der Lehmgrube im Dämmerwald selbst besorgen kann. Dann kann man die entsprechenden Tonwaren daraus herstellen.“ Zur Demonstration holte sie einige Becher und einen Krug hervor, die ich interessiert betrachtete. Derweil fuhr sie fort. „Um den Ofen zu beheizen braucht man noch etwas Holz, dass man recht günstig erwerben kann. Zu Beginn helfen ältere Simkeaner aber auch gerne mal mit dem Anheizen des Ofens oder man findet ihn bereits brennend vor. Auf lange Sicht ist die Anschaffung eines Feuersteins sinnvoll. Neulinge können also mit wenig Aufwand ihren Lebensunterhalt bestreiten. Allerdings sollte man sich später ein weiteres Standbein schaffen.“
Lächelnd bedankte ich mich bei ihr. „Wunderbar, ich danke Euch vielmals für Eure Ausführungen.“
Sellina erwiderte das Lächeln. „Ich danke auch für das nette Gespräch.“
Mit diesem zusätzlichen Wissen ausgestattet eilte ich schnell wieder ins Redaktionsgebäude, wo mich nicht nur mein anklagend leerer Schreibtisch, sondern auch der inzwischen kalt gewordene Dunkelbohnentrank erwartete.
Glücklicherweise war meine Motivation durch die beiden informativen Gespräche auf dem Höhepunkt, so dass ich schließlich und endlich alles Wichtige für euch zusammentragen konnte. Vielleicht findet ja der ein oder andere unter euch Inspiration, sich auch einmal auf das – zugegebenermaßen etwas matschige – Vergnügnen mit dem Lehm einzulassen, einen Versuch ist es sicherlich wert.
Werte Leser, ich wünsche euch eine angenehme Woche!
Eure Liala