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Da mir heute die Bierschwere keine Erholung brachte sondern Irritation und Unruhe, habe ich mich, im berauschten Zustand, spät abends. schwankend, zum Gutshof aufgemacht. Denn mir ist eingefallen, dass ich ja noch einen Apfelbaumsetzling habe, den ich eigentlich heute einbuddeln wollte und nicht dazu kam.

Als ich ziemlich weit nördlich war und östlich zum Gutshof abbiegen müsste, habe ich mich westlich gehalten, denn mir ist eingefallen, „hey, vielleicht find ich dort ein paar Oliven, oder nen Käfer“ und bin zur Nordschneise. Welche ich auch gründlich „abschwankte“. Doch Oliven fand ich nicht, Käfer auch nicht, nur das eine oder andere Wisent stierte mich gemächlich an, während die Wildpferde lieber das Weite suchten.

Dafür bin ich öfter mit einem Baum zusammen gestoßen. Die Umarmungen waren schmerzlich, doch herzlich und gar manche Zitrone fiel auf mich herab. Ich schaffte es sogar bis zur Meeresklippe und sog die kühle, salzige Luft gierig ein. Dummerweise entdeckte ich, dass wohl ein paar Austern da waren und setzte mir in den Kopf selbige zu holen. Was vielleicht nicht die beste Idee war. Immer wieder tauchte ich hustend, prustend und Wasser spuckend auf, und schaffte es einfach nicht, die verdammten Austern hoch zu holen. Wohl eine gute Stunde und acht oder neun kläglichen Versuche später, schaffte ich es dann doch zwei Austern zu lösen und hoch zu holen. Als ich mich halbwegs erholt hatte, kramte ich mein anderes Messer aus dem Rucksack und öffnete die beiden Austern. Baff, starte ich die rote Perle an, und packte sie schließlich samt Messer in den Rucksack und machte mich auf den Weg zum Gutshof. 

Unnötig zu erwähnen, dass ich noch manchen Baum dabei herzlich begrüßte und ein Rhodochrosit zu meinem Zeh, „Hallo“ sagte. Endlich im Gutshof, hier dürfte es harmloser sein. Hoffte ich zumindest, sind doch nicht so viele Bäume da, die zu begrüßen sind. Auf meinem Weg zum Schrebergarten tapste ich plötzlich in Schlamm und da stolperte ich auch schon über ein, eigentlich recht großes und gut sichtbares… naja, sichtbar, wenns nicht so mit Schlamm bedeckt wäre… Schwein, und lag neben ihm im Dreck. Glücklicherweise schien es gutmütig und nichts dagegen zu haben, den Schlamm mit mir zu teilen. Wobei ich gerne weniger gehabt hätte, als ich mühsam da raus kroch und erst mal auf allen Vieren blieb. 

Doch irgendwann ging mir auf, dass ich so nicht wirklich weiter kommen würde. Warum nur hatte Jim seine Kindergartenalm so hoch gelegt. Alm sagt ja schon alles. Dass man Schrebergärten bis da hoch baute. Seufzend zog ich mich an einem Gatter hoch, und stapfte auf zwei Beinen schwankend weiter. Geschafft, da ist sie. Vermutlich. Das Namensschild zu lesen brachte ich nicht mehr fertig, vielmehr kam ich gar nicht auf den Gedanken, aber ich war heute ja schon mal da gewesen.

Mühsam, aber stur, hub ich ein Loch für den Steckling aus, der inzwischen schon ziemlich zerrupft aussah. Aber je nun, ein Kindergarten braucht einen Apfelbaum. Das ist doch klar und der würde sich schon erholen. Als ich gerade den Boden drumherum fest stapfte, verlor ich das Gleichgewicht. Meine Griff nach Halt ging ins Leere und ich kollerte den Weg, den ich vorher so mühsam hoch gestiegen war, herab, bis in den Ententeich, wo ich mit den Gesicht im Wasser erst Mal liegen blieb. 

Aber nicht lange, gar nicht lange. Denn der Erpel, auf dessen Schlafplatz ich so halb zu liegen gekommen war, war äußerst erbost und biss und mich kräftig in Nase, Haarblätter und alles was er erreichen konnte, bis ich endlich aus dem Teich verschwunden war. Nun wenigstens hatte es das Salzwasser und den Schlamm halbwegs abgewaschen dabei, was ich beides nicht so mag. Ich kramte nach einem Brötchen, um den Erpel zu besänftigen, hatte aber keines und rappelte mich auf. Wobei mir einfiel, dass ich hier doch auch nach Käferchen Ausschau halten könnte. Schon war aller Unbill vergessen und ich machte mich – äußerst stur – auf die Suche. Inzwischen nicht nur berauscht ,sondern auch hundemüde, schwankte ich dabei häufiger dem Boden entgegen, was aber Sinn machte, denn dann würde ich eventuelle Kerbtierchen besser finden. Und die Karotten ließen sich so auch gut heraus ziehen. Und immerhin, ein besonderes Kleeblatt fand sich in der Nähe der Schafsweide, und das nächste auf der Schafsweide. So auf Knien, zwischendurch, lassen sich die wirklich gut finden. Als ich gerade den Kopf hob, bemerkte ich ein Wildhäschen, das mich neugierig anstarrte. Vorsichtig schob ich ihm das besondere Kleeblatt hin, das ich gerade gefunden hatte. Es nahm es an. Ach wie putzig anzusehen. Ein Karöttchen schob ich nach, dann noch eines, und das andere besondere Kleeblatt gab ich ihm auch noch. Es schien mich zu mögen, und ich fragte es, ob es Ungeziefer hat. Doch außer einem Näschenzucken, das ich nicht interpretieren konnte, gab es keine Antwort. 

Wie ich es zum Apfelbaum geschafft habe, weiß ich nicht, aber aufgewacht bin ich unter ihm. Und das Wildhäschen war noch in meiner Nähe. Die Kopfschmerzen leider auch. So steckte ich den Kopf mehrmals in den Brunnen, suchte mich zu säubern, und frühstückte schließlich vorsichtig, während ich versuchte Resümee zu ziehen. 

Ich habe Kopfschmerzen, blaue Flecken, einen geprellten Zeh, einige Blätter verloren, zerrissene dreckige, feuchte Kleidung, rieche streng, einen Erpel verärgert, keine Oliven gefunden, keinen Käfer gefunden.

Ich habe mich nicht ertränkt, eine rote Perle gefunden – die sogar noch im Rucksack war – ein paar Zitronen gefunden, einen Rhodochrosit gefunden, mit einem Schwein freundschaftliche Beziehungen geknüpft und eine Schlammpackung genossen, einen Baum gepflanzt, der vermutlich eingeht, Karotten gefunden, besondere Kleeblätter gefunden und diese genutzt einen Begleiter zu finden – das Wildhäschen bekam noch lächelnd eine Karotte gereicht – zumindest für ein paar Tage. 

Hey, das Leben kann so schön sein. Zufrieden legte ich mich ins Gras. Von der Nacht musste ich mich erst Mal erholen. 

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Vielleicht habt ihr ja auch schon erlebt, dass ihr im trunkenen Zustand – seis Trunken vor Liebe, Trunken vom Wein oder Bier, Trunken vor Jagdfieber, oder sonst einem Grunde – nur dumme Entscheidungen getroffen habt, aber letztlich viel Glück dabei hattet. Wenn ja, schreibt doch eure Geschichte auf und schickt sie uns. Ich freue mich auf jeden Fall davon zu lesen. Und bestimmt auch die meisten unserer geneigten Leser.

Eure Olana

This entry was posted on Montag, August 18th, 2014 at 09:59 and is filed under Geschichten, Gedichte und Musikalisches. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Responses are currently closed, but you can trackback from your own site.

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