Geneigte Leser,
eine neue Woche stand vor der Tür und somit ein neues Mitglied unserer Regierung, welches es zu befragen galt. Nach den letzten größeren Ausflügen, die doch sehr viel Zeit in Anspruch nahmen beschloss, dieses Mal auf Sicherheit zu setzen und den Aufenthaltsort von Herrn Holzbein im Vorfeld durch eine eilig losgeschickte Taube in Erfahrung zu bringen.
Auf meine Frage, wo er denn für gewöhnlich anzutreffen sei, bekam ich auch bald taubenwendend eine Antwort:
„Oh, dat is ne Fraje… Isch ston am Markt herom, inne Bäckerei, naja oder bin in der ruhijen Ecke am Schniggern. Am liebsten bin isch als alter Süßwasserpirat inne wildn Wogen, aber davon kann ja kinner mer leeve.“
Ein wenig verwirrt blickte ich auf den Zettel in meiner Hand, anscheinend würde es doch wieder eine längere Reise werden. Die Einzelheiten möchte ich Euch ersparen, es sei nur so viel gesagt, dass ich mich schließlich am gestrigen Abend im Trenter Umland befand, reich an Erfahrung (ja, ich kenne nun jede „ruhije Ecke“ in ganz Simkea), aber arm an Antworten. So blieb mir nur noch, mich in der Abenddämmerung zum See zu begeben, um auf diesen hinauszurudern. Für gewöhnlich ist dieses Abenteuer nichts für mich, aber die Befürchtung, der geneigten Leserschaft kein neues Interview bieten zu können, trieb mich weiter, bis ich schließlich am Horizont ein kleines Boot entdeckte, mit der unverkennbaren Silhouette Herrn Holzbeins an Bord.
Mit Mühe und Not erreichte ihn dann schließlich doch, um ihm im Licht der untergehenden Sonne ein paar Antworten zu entlocken.
„Seid mir gegrüßt, werter Herr Holzbein. Schön, dass ich Euch gefunden habe… beginnen wir gleich: Für welche Bereiche der Regierung und Entwicklung Simkeas seid Ihr zuständig und wie viel Eurer Freizeit müsst Ihr dafür opfern?“
„Ha, tja, auch wennet absurd is – isch schreib nur Texte und denke mit. En Holzbein am denken…“ Er lachte laut auf, was unsere Boote ein wenig zum Schwanken brachte. „Tjoa, aber wenn de Master ett jut finnet, dann bin isch bereit.“
„Gibt es konkrete Projekte, an denen Ihr zur Zeit arbeitet?“
„Isch arbeite janz konkret immer annem Projekt: Bereits abjeschlossene Projekte abzuschließen. Und dat dauert…“, ein leichtes Schmunzeln begleitete diese Worte.
Inzwischen ein wenig entspannter lehnte ich mich etwas zurück. „Und was plant Ihr für die Zukunft?“
Die Antwort folgte sogleich: „Ich hoff, dass ich innfach mehr Zick han, für mehr Texte, aber ja… Dat hoff isch nur schon wat länger.“ Er grummelte dabei unzufrieden in sich hinein.
„Arbeitet Ihr hauptsächlich allein oder auch einmal mit anderen Ratsmitgliedern gemeinsam?“
„Dat iss zweijeteilt.“, erwiderte er. „Mit einem Teil vum Ratt, den janzen Jestaltern, da plane ich nur zosamme und sach dann und wann, wat isch so denke. Die viele Texte und Schilder hier im Lande verfassen großteils Tod und isch, aber da erjänzen wir uns eher stillschweijend.“
Ich musste schmunzeln. „Stillschweigend? Gibt es denn ab und an Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Euch und den anderen Ratsmitgliedern?“
„Ohhjaaa, ähh, NEIN, NEIN, NIEMALS!“ Eilig blickte er sich um, ehe er sich mir wieder zuwandte. „Nun, isch denk, die verstonn misch nit immer, aver dat versteh isch nit – von daher – eher nit.“
Ich verkniff mir das Lachen und fuhr fort: „Was wäre Euer persönlicher Wunsch für das weitere Bestehen unserer Welt?“
„Ha: Ne Meisterschale mit Poldi… oder… äh…“ Offenbar hatte er meinen fragenden Gesichtsausdruck bemerkt, zumindest blickte er mich nicht minder verdutzt an. „Achso: Vielfalt. Vill vun allem – dat reischt dann wohl.“
„Gibt es etwas, egal was, was Euch an unserer Welt überhaupt nicht gefällt?“
„Die Debatte um dat sojenannte Solifeuer. So ein Quatsch! Wech damit und Ruh iss. Und isch find\‘ die Marktstände nit sinnvoll, aber dat passt dann eher zu der vorijen Fraje. Also dem ersten Teil davon.“
„Was sind in Euren Augen die bedeutsamsten Änderungen, welche Simkea in der letzten Zeit durchlaufen hat?“
Er hüstelte leicht. „Wie weit jeht letzte Zick zurück? Ich sach ma, dass der Bote hier ne janz schöne, also wirklich schöne Verännerung iss. Aber der große Schnitt, dat war wohl der Umbau von ne Welt unter MasterX Fingern hin zu einem größeren Rat. Isch denke, da sinn wir in einem tollen Prozess, wenn auch noch janz am Anfang.“ Diese Worte unterstrich er mit einem Nicken.
„Wünscht Ihr Euch denn manchmal mehr Anerkennung für die Arbeit des Rates?“
Auch hier folgte die Antwort prompt: „Öhh. Nö. Passt allet.“
Vor der nächsten Frage war ich etwas nervös: „Zu guter Letzt, falls diese Frage nicht zu persönlich ist – wie kamt Ihr zu Eurem Holzbein und wie kommt Ihr damit zurecht?“
Meine Zweifel schienen durch Herrn Holzbeins Reaktion bestätigt zu werden: Er verfiel in ein langes Schweigen. Dann blickte er mich an. Schwieg weiter. Schließlich, nach fast endlosen Sekunden – oder Minuten? – eine erste Äußerung: „Nun ja.“ Wieder musste ich eine Zeitlang warten, ehe er fortfuhr. „Bei Wellenjang kann isch misch am Boot festnajeln. Dat hat Vorteile…“
Aufgrund der unangenehmen Art der Frage beschloss ich, nicht genauer nachzuhaken, auch dem Drang zu Kichern nicht nachzugeben und stellte stattdessen die letzte Frage. „Gibt es irgendetwas, was Ihr den Bürgern Simkeas noch mit auf den Weg geben wollt?“
„Abjesehen vun ming Fischsteaks? Hmmm. Seid liev, lieve Lück! Und nemmt nem alten Holzbein nix krum, isch war innfach lange allinn op hoher See. Heyho!“
Mit diesen Worten tauchte er seine Paddel ins Wasser und ruderte von mir fort, woraufhin auch ich den Rückweg antrat.
Erst, als die Sonne schon lange untergegangen war erreichte ich die rettenden Redaktionsräume und sitze nun hier, 12 Stunden, bevor Ihr dieses Exemplar des Boten in den Händen haltet und schreibe meinen Bericht.
Ich hoffe, Ihr konntet etwas Neues über Herrn Holzbein erfahren und erfreut Euch an den hart erkämpften Antworten.
Ich bedanke mich, werte Leserschaft,
Liala
Nächste Woche werde ich für Euch versuchen, einen Blick unter balldruins Kapuze zu erhaschen…