Reflexartig riss das am Boden liegende Mauswiesel den Tonteller in die Höhe. Zwar rettete diese Reaktion sein Leben, doch saß nunmehr die Ratte auf dem Teller und schien mit ihrem Gewicht das kleine Wiesel zu erdrücken. Durch die Kampfgeräusche angelockt, konnte das unter den Teller gekauerte Mauswiesel schon das Trippeln der Meute hören. Er hatte nicht vor, als mitternächtlicher Imbiss einer schmutzigen Horde Ratten, verschollen in den verschlossenen dunklen Katakomben zu enden. Sein Überlebensinstinkt verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Mit einem gewaltigen Stoß schleuderte er die Tonschale mit samt der darauf sitzenden Ratte in die Höhe. Laut krachend landete sie in Mitten der herannahenden Gegnerschar, die erschrocken auseinanderstob. Das Mauswiesel jedoch sprang so schnell es eben konnte auf und rannte los. Zu schnell offensichtlich, denn ob es an dem Schrecken lag, der ihm noch immer in das Gesicht geschrieben stand, oder der Unaufmerksamkeit geschuldet war, seine Pfote stieß in vollem Lauf gegen einen auf dem Weg liegenden Stein. Unter lautem Getöse kam das fliehende Mauswiesel zu Fall und rollte benommen, laut polternd den Gang hinunter. Als er zögerlich die Augen vorsichtig einen Spalt weit öffnete, schien sich die Welt um ihn zu drehen. Vorsichtig stand er unsicher auf und blickte sich um. In der Ferne meinte er ein schwaches Licht erkennen zu können. „Das Licht am Ende des Tunnels,“ schoss es ihm durch den Kopf. Auf noch ein wenig wackeligen Beinen tapste er dem Licht entgegen. Schon an im nächsten Tunnel musste das kleine Wiesel allerdings erkennen, dass wo das Licht ist auch Schatten zu erwarten ist. Ein riesiger Schatten versperrte das Weiterkommen. Der riesige Schatten der unerbittlich lauernden aggressiven Mutterspinne. Dem kleinen Mauswiesel stockte der ohnehin schon flache Atem. Bis hierher war er gekommen, hatte seine Furcht bezwungen und durch das Dunkel huschend einen Schatz gefunden, den die meisten für eine Illusion, ein Ammenmärchen gehalten hatten. Hatte gegen die Meute der Ratten gekämpft, das alles, um an diesem Punkt, den rettenden Ausgang, dessen Licht an der monströsen Spinne vorbei verlockend schimmerte, niemals zu erreichen und in den Fängen der hungrigen Spinne sein Dasein auszuhauchen? Ein Ruck ging durch das kleine Mauswiesel und fast schien es, als wachse er ein kleines Stückchen, in seinen Augen blitzte die Entschlossenheit auf. Er würde sich nicht mehr aufhalten lassen. Nicht so kurz vor seinem Ziel. Den Speer fest in der Hand, löste er sich mutig aus den Schatten, die ihn bisher verborgen hatten und trat dem Untier entgegen. In dem Moment jedoch, als er mit dem Speer zustieß wurde ihn schlagartig klar, dass ein manch ein großer Mut mit Torheit gleichzusetzen ist. Der Stoß des Speers, hinter den das kleine Mauswiesel all seine Kraft gesetzt hatte, schien das Monster, wenn überhaupt, nur zu kitzeln. Langsam drehte es den Kopf herum. Feurig verfing sich der Blick der rotglühenden Augen an der Gestalt des Mauswiesels, schienen abzuschätzen, wie schmackhaft die sich ihm so bereitwillig präsentierende Mahlzeit sein würde. Das Mauswiesel schluckte. Fieberhaft begann sein Verstand nach einem Ausweg zu suchen. Mit Mut und Kraft, das war ihm klar, würde es die Spinne nicht besiegen können, mit List und Schläue hingegen vielleicht schon. Unauffällig lockerte er ein wenig das Garn, mit dem sein Bronzeblech Panzer verschnürt war, während die aggressive Mutterspinne langsam, ihrer Beute sicher, ihren massigen Körper auf ihn zubewegte. Ihre Vorderbeine erhoben sich drohend und gaben den Blick frei auf die von Gift tropfenden Fangzähne. Darauf hatte das kleine Mauswiesel nur gewartet. Pfeilschnell sprang es aus dem Panzer, als die Spinne sich auf ihr vermeintliches Opfer stürzte. Leider jedoch blieb das Wiesel an einem Faden hängen. Statt weit von den Lefzen der Spinne entfernt die Fluch antreten zu können, hing er am Panzer fest, der, als Lebensretter gedacht, nun fast seinen Tod bedeutet hätte. Nur wenige Zentimeter neben dem kleinen Mauswiesel schlugen die Giftzähne des Monsters klackend gegen den nackten Felsboden. Mit einem spitzen Schrei rollte sich das Mauswiesel zur Seite, sprang auf und rannte, den hinderlich an seinem Körper baumelnden Panzer raffend, Richtung des in der Ferne verheißungsvoll gleißenden Lichtes zu. Mitten im Lauf drehte er sich um, spähend, ob das Ungeheuer ihm folgte. Vielleicht hätte er seinen Lauf ein wenig bremsen sollen, denn just in diesem Moment hatte er das Eisengitter, das den Ausgang der Katakomben versperrte erreicht und krachte dagegen. Zum zweiten Mal binnen kürzester zeit ging das Mauswiesel benommen zu Boden. Einzig dem inzwischen leicht verbeulten Zinnpott auf seinem Kopf verdankte er, dass ihm nicht die Sinne schwanden. Mit einer letzten Aufbietung seiner Kräfte zwängte er seinen kleinen Körper durch die Eisenstäbe und blieb erschöpft im Gras liegen. Nach einiger Zeit öffnete er die Augen und blickte hinauf zum sternbedeckten Himmelszeit. Verträumt öffnete er die Pfote und warf einen Blick auf das Salz, das darin, vom Mond beschienen, wie lauter kleine Diamanten funkelte. Mit einem stolzen Lächeln verstaute er seinen Schatz neben seiner Rüstung in seinem Rucksack, schulterte diesen und machte sich auf, heim gen Trent.

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