Es ist eine laue Herbstnacht in Simkea. Mit offenen Augen liege ich in meiner Schlafrolle im Holzfällerlager. Überall rascheln die abgefallenen Blätter und zusammen gewehte Laubhaufen im sonst stillen Umland und am Waldrand. Doch schau genau: dazwischen liegen kleine Kürbisse, manche mit gruseligen Fratzen. In der Luft ist ein Geflatter, lautlos schwirren die Fledergrausis daher. Es ist Halloween im sonst so beschaulichen Simkea!
Mir scheint, ich kann heute nicht einschlafen, das kenne ich doch sonst nicht? Kaum zu erkennen, auf dem schmalen Weg von der Nordschneise/Gutshof ins Umland flimmert es weißlich hell. Da höre ich ein immer lauter werdendes Hufgetrappel. Wer da wohl noch so spät in der Nacht auf seinem schnellen Pferdchen durchs Land galoppiert?
Das Hufgetrappel und das weiße Flimmern nähern sich unaufhaltsam schnell. Jetzt erkenne ich schon ein weißes Pferd, mit seltsam schimmerndem Fell. Vorstürmend biegt es soeben in Höhe des Simkea – Portals nach Norden ab. Da sehe ich auch, dass kein Reiter auf dem bedrohlich wirkenden Pferd sitzt. Und ich erkenne ein Horn auf der Stirn des Pferdes. Es läuft mir eiskalt über den Rücken. Meine Atmung setzt aus.
Ein Einhorn!
Ein wild gewordenes Einhorn trifft es wohl besser. Und es galoppiert direkt auf mich zu. Weitere Schauer lassen mich zittern. Das Einhorn reißt sein unheimliches Maul auf, ein beklemmendes »buuuuuuhhhhhuuuu« schallt mir entgegen.
Entgeistert hole ich Luft, doch es reicht nicht, ich atme stoßweise. Ein lautes Scheppern lenkt meinen Blick auf meinen Handkarren. Dort fallen gerade meine frisch gefällten Baumstämme in handliche Stücke, fast wie von Hand zugesägt. Es ist mir unheimlich, trotzdem denke ich: »Wie praktisch ist das denn?«. Völlig überraschend steht da plötzlich Sarafine und plärrt lauthals: »Da fehlen noch Baumkäfer«.
Das Einhorn rast schauderhaft röhrend im Kreis durch das Holzfällerlager, gleichzeitig quellen haufenweise Baumkäfer aus den Holzstücken hervor. Ich versuche, mich über das Holz zu werfen, um den Rest zu retten. Doch da ist kein Holz mehr. Nur noch ein Gewimmel und Gekrabbel von Baumkäfern. Angst schnürt mir die Kehle zu, ich schreie, und doch kommt kein Ton aus meiner Kehle.
Jäh wird es mir seltsam kalt und feucht, abrupt wache ich auf. Auf meiner pitschepatsche nassen Brust sitzt ein wiederlicher Nachtalb und vor mir steht der quirlige Fernohl mit seiner jetzt leeren Wasserspritze. Erleichtert atme ich tief ein, es war nur ein Traum, ein Albtraum …
Ravalya Kergarth
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