24
Jan

Merovincators Hemd der Holzfäller

   Posted by: Liala   in Schlagzeilen

Geneigte Leser,

unter nicht näher geklärten Umständen verschlug es mich diese Woche ins Gebirge. Ein wenig hilflos umherirrend und durch die immer noch ungewohnte Leibesfülle etwas unsicher auf den Beinen, war ich umso glücklicher, plötzlich einer anderen lebenden Seele zu begegnen. Neugierig näherte ich mich, als mir auch schon etwas ins Auge stach: Ein leuchtend rotes Hemd von mir unbekannter Machart, den Oberkörper eines simkeanischen Bürgers verhüllend.

Neugierig näherte ich mich.

„Seid gegrüßt, Merovincator. Das Hemd welches Ihr tragt… ein solches habe ich bisher noch nie in den Marktständen Trents oder bei Alrik sehen können. Woher habt Ihr es?“ Interessiert schob ich mich an einem größeren Stein vorbei und ließ mich – deutlich erleichtert! – darauf nieder.

„Das ist eine gute Frage“, lachte er. „Nun ja, bei meiner Tätigkeit des Holzfällens und Hackens habe ich schnell gemerkt, dass normale Kleidung sehr schnell verschleißt – selbst die hochwertige… Und nach einigem Umherschauen entdeckte ich die ältere Dame vor dem Rathaus.“

Seufzend streckte ich die Füße von mir. „Etwa die, die die seltsamen Gegenstände verkauft? Ja, sie ist mir bekannt… und sie hatte dieses Hemd im Angebot?“ Umständlich kramte ich mein Notizbuch und meine Feder aus dem Rucksack.

„Naja nicht ganz“, erwiderte er ausweichend. „Sie sagte mir, sie könne ganz besondere Gegenstände beschaffen – solche, die keiner bisher sah. Ihr versteht?“

„Oh…“ Ich rückte ein wenig ab. „Aber… an dem Hemd ist nichts – na Ihr versteht schon – nichts… Merkwürdiges, oder?“

„Verzeiht die Gegenfrage – wie meint ihr merkwürdig?“ Seine ehrliche Verwirrung trug ein wenig dazu bei, mein Unbehagen zu zerstreuen.

„Nun ja… man hörte ja schon von den seltsamsten Eigenschaften, die gewisse außergewöhnliche Gegenstände mit sich bringen. Mir wäre vermutlich wohler, wenn Ihr mir bestätigen könntet, dass es tatsächlich einfach nur ein Kleidungsstück ist… welches nicht irgendein Eigenleben entwickelt.“, schob ich nuschelnd hinterher.

„Ach so, nun…“, lachte er. „Nein, da kann ich Euch beruhigen – es ist wirklich nur ein vielleicht schäbig wirkendes Hemd, das nicht nur kleidsam, sondern auch sehr wärmend ist. Aber kommen wir darauf zurück, wie ich es bekam, ja?“

Diesem Vorschlag kam ich zu gerne nach. Über gewisse Dinge sollte man einfach nicht zu sehr nachdenken. „Ja, gerne.“

„Also – ich hatte grobe Vorstellungen von einem Kleidungsstück, welches ich unbedingt haben musste, nachts im Traum vor meinem geistigen Auge. Fragt nicht, wie ich darauf kam. Dann unterhielt ich mich länger mit einer sehr talentierten, netten und liebevollen Schneiderin und Färberin, mit der ich zufällig liiert bin – Eluanda.“ Er lachte leise.

„Und sie war nicht in der Lage, Euch besagtes Kleidungsstück zu fertigen?“

„Richtig.“, bestätigte er. „Ich sprach über Schnitte, Maße, Stoffe und dergleichen mit ihr – und nachdem ich merkte, dass selbst der beste Schneider Simkeas nicht in der Lage sein würde, mir ein Kleidungsstück nach meiner Vorstellung zu fertigen, ging ich eben zu jener alten Dame.“

„Verstehe…“ Eifrig kratzte meine Feder über das Pergament. „Und wie ging es weiter?“

„Nun ja… wo wir vorhin von merkwürdigen Dingen sprachen: genau so kam mir die Dame vor…“ Geheimnisvoll blickend beugte er sich zu mir rüber. „Ich erklärte ihr haargenau, was ich wollte – und so, als ob sie es schon die ganze Zeit gewusst hätte, erzählte sie mir von einem Stoff namens Flanell, von Curt, dem Barden, und Al, dem Bartträger – ich lauschte gespannt und etwas verständnislos ob ihres Wissens um meine Vorstellungen – nie zuvor hatte ich ihr etwas davon erzählt!“

Ich schüttelte den unwillkürlich folgenden Schauder ab. „In der Tat, das ist sehr seltsam! Aber so konntet Ihr immerhin sicher sein, von ihr genau das zu erhalten, wonach Ihr so gesucht hattet…“

„Genau – und plötzlich zog sie dann mit einem verschwörerischen Lächeln das Hemd der Holzfäller aus ihrem Rucksack – eine merkwürdige Melodie summend…“ Sein Blick schien sich kurz in der Erinnerung zu verlieren.

Ich wiederum hatte mit großen Augen seinen Ausführungen gelauscht. „Ich glaube, an der Dame ist doch mehr, als man erahnen könnte…“, unterbrach ich Meros Gedanken. „Und so habt Ihr Euer Hemd schließlich erhalten. Aber wenn es so robust, wärmend und angenehm zu tragen ist – glaubt Ihr dann nicht, andere Simkeaner werden Euch auf kurz oder lang in dieser Mode nacheifern?“

„Nun ja, denken könnte ich mir das schon – aber ich weiß weder, ob Simkea bereit für Karo-Muster ist, noch ob sich die schicken Bürger wirklich mit einem Kleidungsstück schmücken wollen, das, obwohl es neu ist, schon sehr in die Jahre gekommen aussieht.“ Er grübelte kurz. „Auch wenn ich mich freuen würde – und es allen Schreinern, Holzfällern und Handwerkern ans Herz legen würde – denke ich nicht, dass es Mode wird.“

Ich setzte mit der Feder einen letzten Punkt in mein Notizbuch und erhob mich umständlich. „Dann danke ich Euch vielmals für die Auskünfte, werter Merovincator, und wünsche Euch noch lange Freude an Eurem einzigartigen Hemd.“ Lächelnd wandte ich mich zum Gehen.

Merovincator verneigte sich höflich. „Habt besten Dank, werte Liala – wollen wir hoffen, dass es noch lange hält. Und danke für die freundliche Unterhaltung – es war mir ein Vergnügen.“ Mit einem letzten Lächeln verabschiedete er mich und so zog ich – nach einem unbeholfenen Knicks – meiner Wege in Richtung des Redaktionsgebäudes.

Die zugegeben mitunter etwas kühlen Räume bestärken mich nun in der Ansicht, die ich während meines Gesprächs mit Merovincator gewonnen habe. Wen kümmert es schon, wie ein Kleidungsstück aussieht, wenn es dafür herrlich wärmt?

Eine erfolgreiche Woche wünscht Euch

Eure Lia

This entry was posted on Montag, Januar 24th, 2011 at 09:59 and is filed under Schlagzeilen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Responses are currently closed, but you can trackback from your own site.

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