1
Jun

Ein Küken wird erwachsen – Teil 1

   Posted by: Calisto   in Klatsch und Tratsch

Eisinseln, 26.04.2020 – Nun bin ich schon einige Zeit hier in Simkea und kenne schon recht viele seiner Bewohner. Aber ab und zu begegnet einem auch schon mal ein neues Gesicht. Allerdings rechnete ich nicht damit, dass mir das auf den Eisinseln widerfährt. Schließlich sind die Inseln vom Festland aus nur von erfahrenen Seeleuten oder wagemutigen Abenteurern zu erreichen. Und so staunte ich nicht schlecht, als mir eine unbekannte Gestalt begegnete. Ich fragte sie, ob wir uns bereits begegnet wären. „Ja, klar“, bekam ich neben einem verständnislosen Blick als Antwort. „Wieso erkennst du mich denn nicht, Erian?“
In diesem Moment stutzte ich etwas. Aber hier in Simkea konnte das durchaus sein, dass ein Wesen sein Äußeres verändert. Schließlich war mir so etwas auch schon des Öfteren widerfahren. Und so erklärte ich der jungen Frau, dass es mir sehr leid täte, aber ich nicht wie Ratti gezielt die Seele eines Wesens anschauen könnte. „Ich hab nur in den Quellen gebadet, vielleicht bin ich was strubbelig.“, bekam ich zur Antwort und mein Gegenüber suchte in seinem Gepäck nach etwas – vermutlich einem Spiegel. So sehr ich auch darüber nachdachte. Ich war mir ziemlich sicher diese Frau noch nie gesehen zu haben. Und so gestand ich ihr, „Ich kann mich nicht erinnern deine Gestalt schon mal gesehen zu haben.“ Ich hätte das vielleicht nicht sagen sollen, aber konnte es natürlich nicht mehr ändern. Die junge Dame jedenfalls schien daraufhin den Tränen nahe zu sein. „Ich bin doch Ninawe,“, sie sah mich fast schon flehendlich an. „der kleine Pinguin.“
„DU bist Ninawe?“, fragte ich ungläubig. „Aber…“ Ich lächtelte ihr zu. „Du bist kein Pinguinküken mehr.“ „Echt nicht?“, fragte sie und guckte an sich herunter. „Was bin ich denn dann?“ „Du bist eine junge Frau, Ninawe.“ Sie frage mich, dann, ob sie noch immer Federn oder jetzt auch Haare hätte, worauf ich ihr sagte, dass sie auf den Kopf jetzt Haare hätte und keine Federn mehr. Immer noch irritiert meinte Ninawe dann: „Ahhh, dann hat mein vermeintliches Gestaltwandlererbe doch zugeschlagen, wieso denn jetzt und wieso auf der Eisinsel?“ Ich konnte es ihr nicht erklären, und so beschloss sie zurück zu den Quellen zu gehen. „Vielleicht spiegele ich mich ja in dem Wasser, dann kann ich sehen, was du meinst mit junger Frau´.“, erklärte sie ziemlich verwirrt. Ich erinnerte mich an ihre Verwandlung zum Geist an Halloween vor zwei Jahren. „Aber du bist ja auch magieempfindlich. Oder auch für irgendwelche Seelengeschichten?“, versuchte ich mich darin eine Erklärung zu liefern. Als Ninawe sich schon zum Gehen gewandt hatte, kam Ophelia, mit der ich eigentlich auf den Inseln unterwegs war, bei uns an. „Hallo Ophelia“, begrüßte Ninawe sie leise. Ich legte einen Arm um Ophelia. „Schau mal. Diese junge Dame sagt, sie wäre Ninawe.“ Aber Ophelia meinte nur: „Hallo… Na ich würde es ihr glauben, sie kennt ja auch unsere Namen. Wenn es jemand Fremdes wäre, würde sie doch nicht unsere Namen kennen?“ Die ganze Sache schien mir aber immer noch ziemlich unwahrscheinlich. „Könnte ja auch jemand anderes sein…“ Ninawe war das auch immer noch nicht geheuer. Mit „Also ich suche jetzt mal eine spiegelnde Oberfläche.“ ging sie Richtung Quellen. Aber sie wirkte so unsicher, dass ich sie nicht alleine gehen lassen wollte. „Warte, wir kommen mit.“, rief ich Ninawe nach und schaute zu Ophelia. „Oder Pheli?“ „Geht schonmal vor…“ „Dann bis später Pheli.“
Als Ninawe und ich an den Quellen ankamen, beugte sich Ninawe über die Quelle. „Und? Als was siehst du dich?“, fragte ich sie. Als gerade der Wind den heißen Dampf weggeweht hatte und Ninawe ihr Spiegelbild sah, purzelte sie vor Schreck in die Quelle. „Ich bin ja ein Mensch! Eine menschliche Frau! ahhhhhhhhhhhhh!“ „Komm besser wieder heraus. Ganz so schlimm ist das ja nicht.“ Ich reichte ihr meine Hand. „Hier gibt es viele Leute, die mal Mensch, mal etwas anderes sind.“ „Ich bin auch größer als vorher, deshalb sah die Landschaft eben so merkwürdig aus.“, bemerkte sie, als sie meine Hand nahm und wieder aus der Quelle stieg. So ganz schien sie sich jedoch noch nicht mit ihrer neuen Gestalt abgefunden zu haben. „Ob ich wenn ich die Eisinsel verlasse, wieder ein Pinguin werde?“ Ich lächelte. „Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß ja noch nicht einmal genau, wie das mit meinen Farben funktioniert. Aber eins wissen wir auch schon. Durch noch mal in die Quelle gehen wird es nicht rückgängig gemacht.“ Ich lachte um sie etwas aufzumuntern und sie setzte sich auf die nahegelegene Bank ans Feuer und betrachtete ihre Beine. „Meine Güte sind die lang!“ „Ja. Erstaunlich, dass die Hose mitgewachsen ist. Ist sonst alles in Ordnung?“ Ich sah sie besorgt an. „Ähm, nicht wirklich in Ordnung, aber es geht mir gut, bis auf den Schreck und die Merkwürdigkeit dieses Körpers.“ Ich dachte an meine eigenen Erfahrungen vor einiger Zeit. „Ich schätze mal, an sowas kann man sich gewöhnen. Ich konnte mich sogar daran gewöhnen mich selbst nicht mehr zu sehen als ich unsichtbar war.“ „Also diese ´Haare´ – sehr erstaunlich, wirklich, wie Federn nur in lang und schmal.“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Wunder dich aber nicht, Ninawe, wenn du jetzt ein paar kahle Stellen hast, an denen vorher Federn waren. Und vermutlich wirst du auch schneller frieren als ala Pinguin.“ In diesem Moment kam dann Ophelia wieder hinzu. „Und?“, fragte sie. „Also ich sehe aus wie eine menschliche Frau, habe aber das Herz und die Seele eines Pinguins“, antwortete Nina und bekam Kopfschmerzen. Dann erst realisierte sie, was ich vorher gesagt hatte. „Kahle Stellen? Aaaaaaaahhhhhhhhhhh! – Mehr kahle Stellen als an den Armen und Beinen?“ „Jetzt, warte mal ab. Tut mir leid, wenn ich dir jetzt einen Schreck eingejagt habe. Und nein, so ganz stimmt das mit Seele und Herz sicher nicht. Du hast vermutlich nicht die Seele eines Pinguins. Du hast die Seele von Ninawe. – Also deine. Wenn ich Ratti richtig verstanden habe, ist die Gestalt der Seele unabhängig der des Wesens.“ Bezüglich der fehlenden Behaarun verwies ich Ninawe in Ophelias Obhut. Wobei Ophelia lachen musste. „Ich soll also erklären, wo keine Flauschi mehr wächst?“ „Irgendwie sowas. Oder Ninawe stellt es von alleine fest, wenn sie die Klamotten wechselt.“
Ninawe hingegen machte sich andere Gedanken. „Kenne ich überhaupt eine echte Menschenfrau hier in Simkea? Kätchen – ist eine Schlumpfine; Bea – ein Sternenwesen, Walkyren, Blumenwesen… Ich bin sehr verwirrt.“ Zugegeben, sie sah wirklich unglücklich aus. Aber was dann geschah, versetzte mir einen Stich ins Herz. Ninawe sah mich mit einem durchdringenden Blick an. „Erian, wieso bist du eigentlich immer in der Nähe, wenn es um Verwandlungen geht?“ Mir verschlug es erst mal die Sprache, und ich konnte nur mit einem Schulterzucken antworten. Ninawe murmelte dann irgendetwas von „magiesensitiv“ und schlief dann ein. „Ich weiß es nicht. Ganz ehrlich. Eigentlich würde ich ja sagen, dass es Zufall ist. Aber diese Zufälle sind doch ziemlich häufig.“ sagte ich mehr zu mir selbst als zu Ninawe. Dann zu ihr: „Schlaf gut Ninawe. Und mach dir keine Sorgen. Es wird schon gut gehn.“ Ophelia deckte die schlafende Ninawe noch mit einem Umhang zu. „Schlaf gut Ninawe“ Doch trotz aller Wünsche schien es kein ruhiger Schlaf zu sein. Ninawe schien von unruhigen Träumen geplagt zu sein. Und von dem, was sie ab und zu murmelnd von sich gab, war es mehr als nur die Tatsache ihrer Verwandlung.

Ende des ersten Teils.

(Erian)

This entry was posted on Montag, Juni 1st, 2020 at 09:44 and is filed under Klatsch und Tratsch. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

Leave a reply

Name (*)
Mail (will not be published) (*)
URI
Comment