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Okt

Der Gutshof des Grauens

   Posted by: Fellknäuel   in Klatsch und Tratsch

Bei meinen seltenen Besuchen in der Stadt werde ich gerne gefragt, ob denn das Landleben wirklich so beschaulich wäre, die Luft so rein und erquickend, die Fauna so possierlich und die Flora so schmackhaft und dekorativ, wie man es von den fröhlich kolorierten Holzschnitten her kenne, die am Markt feilgeboten werden.
Meist speise ich diese naiven Bürger mit ein paar gemurmelten Platitüden ab und ziehe mich zurück, damit ich nicht ungewollt dunkle Wahrheiten ausspreche und den Schlaf der satten Städter nicht mit Alpträumen bevölkere.
Wer nur alle Jubeljahre mit einer Hucke Äpfel zum Saften fährt, um baldmöglichst zurück zum geschwätzigen Trenter Marktleben, zurück zu der mollig warmen Taverne und den daunenweichen Betten zu reiten, wird gerne von der gesunden Landluft sprechen – Wer so wie ich und einige hartgesottene Landwirte, Viehzüchter und Gärtner den größten Teil seines Lebens auf dem Hof verbringt, weiß mehr über die wahren Zustände. Wir wenigen sprechen nicht von einem Ort des beschaulichen Ackerns, Planzens und Erntens. Wir sprechen vom GUTSHOF DES GRAUENS.
Habt ihr schon mal vom Bluthasen gehört? Von lautlos schwebenden Vampirkühen? Oder von Geflügel, das sich in Vollmondnächten zu Werhühnern wandelt – in der Lage einen 3-Zentner-Mann in Sekunden wegzupicken? Wer von euch hat schon mal in die dutzenden wahnsinnigen Augen einer Mordkartoffel im Blutrausch geblickt und konnte danach noch davon erzählen?
Erst letzte Woche verabschiedete sich eine hocherfahrene Kollegin von uns, um ihre Schafe zu scheren. Sie war gut ausgerüstet, von den stählernen Beinschienen zum Schutz vor dem ätzenden Sekret des Giftgetreides, über den Flammenwerfer als Verteidigung gegen den menschenfressenden Sumpferpel bis zu den Kakaokrokodil-Fangeisen. Und doch sollten wir sie nie wiedersehen. Der blutdurchtränkte Boden der Weide wies keineswegs die Spuren freundlicher Paarhufer auf, sondern die krallenbewehrter Pfoten. Erneut war ein Landwirt einem Rudel Wölfe im Schafspelz zum Opfer gefallen.
Ihr wundert euch, daß ihr noch nie von diesen Dingen gehört habt? Eine ausschließlich ihren ökonomischen Interessen verpflichtete Lebensmittelindustrie in Trent unterdrückt diese Information. Steinreiche Schlachter und mächtige Köche wollen verhindern, daß Mehl, Hühner, Milch knapp und teuer werden, wenn die Zuliefererbranchen keinen Nachwuchs mehr bekommen.
Deshalb habe ich mich an die Presse gewandt. Einer muß aufstehen und die Wahrheit aussprechen!

(Nathan Prost)

This entry was posted on Dienstag, Oktober 4th, 2016 at 09:56 and is filed under Klatsch und Tratsch. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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