21
Jan

Symbole und Rituale

   Posted by: Maddie Hayes   in Schlagzeilen

Will ein Mensch sein Leben in Bahnen und Strukturen ordnen, so ersinnt er zumeist kleine Rituale, die den Alltag in Etappen teilen und ihm so Strukturen verleihen. Erst beim zweiten Klingeln des Weckers aufzustehen ist ebenso eines wie auch der Gang auf den Balkon, während die Kaffeemaschine leise die Melodie des Tagesbeginns blubbert, ein Ritual. Auch ein Kuss zur Begrüßung kann ein Ritual sein, genau wie ein Zwinkern oder ein einfaches Hallo.
Rituale zu haben verspricht Sicherheit, sie vermitteln das Gefühl, alles sei in Ordnung, alles sei wie immer. Etwas Bekanntes ist gut, bietet Schutz, etwas Neues verbreitet Unsicherheit und ist gleichsam böse.
Aus einem ganz ähnlichen Grunde ersann der Mensch sich Symbole. Ein Wappen ist ein solches Symbol. Wer es trägt begibt sich in eine Gemeinschaft, dabei ist es irrelevant, ob es sich um das Wappen der Familie, der Stadt in der man wohnt oder des Landes, in dem man lebt, handelt. Das Wappen verbindet, macht zu einer Gruppe, einer Einheit, die in ihrer Gemeinschaft Schutz, Wärme und Sicherheit spendet. Zumindest zeigt es nach Außen hin eben diese Zusammengehörigkeit, was innerhalb der Gemeinschaft ist, das dringt nicht nach außen, bleibt in der Symbolik gleichsam gefangen.
Symbole sind in unserem Leben allgegenwärtig. Sie sind Hinweis und Warnung, teilen in Gruppen ein, zeigen Zugehörigkeiten. Letztlich sind selbst die Straßenschilder Symbole, die in Gruppen und Zugehörigkeiten einteilen, die Gruppe der Wartenden und der Gehenden, der Langsamen und der Schnellen, der Fußgänger und Motorisierten, der Menschen mit Kindern oder der ohne Nachwuchs.
Ein Symbol jedoch gibt es, das aus allen anderen heraussticht. Ein Ring, ein Kreis ohne Anfang und ohne ein Ende. Zunächst doch nichts weiter als ein Schmuckstück, kann ihn das Ritual, wenn ein Mensch ihn einem anderen an den Finger steckt, doch zu etwas ganz Besonderem machen. Was aber macht ihn dazu? Sagt dieser Ring wirklich mehr aus als das Gefühl, was er symbolisieren soll oder ist er nicht vielmehr ein Zeichen an alle anderen Menschen, gleichsam einer Reviermarkierung, die andere vom Wildern abhalten soll? Braucht die Verbindung zweier Menschen tatsächlich ein rituell erworbenes Symbol nach außen zum Zeichen dessen, was das Innersten der Seele ausfüllt? Die Verbindung dieser Menschen bestand schon lang bevor das Symbol sie auch Äußerlich zu einer Gruppe, einer verbundenen Gemeinschaft machte. Verstandesgemäß braucht es keinen symbolischen Ring, um aus zwei Menschen, die in ihrem Inneren wissen, dass sie nur zu zweit eins sein können, ein Paar zu machen, sie zu verbinden miteinander, in guten Zeiten wie in schlechten, in der Gewissheit, dass der Tod nicht das Ende sein kann, die Liebe überdauern wird.
Ab und an jedoch spielt das Gefühl dem Verstand einen Streich und meldet sich aus den Tiefen heraus mit dem Gedanken, vielleicht sei so ein Ringtausch doch kein schlechtes Ritual, sondern das Zeichen der Liebe ohne Anfang und ohne Ende, nicht des Besitzes. Stellt sich jedoch die Frage, wieweit das Gefühl unter dem Schleier der Liebe eine Trotzreaktion verbirgt, die mit Hilfe des Symbols nur bestimmten Menschen eben diese Liebe demonstrieren will, denn wenn die Liebe tatsächlich so stark und echt ist, sollte sie kein derartiges Gefühl aufkommen lassen müssen…oder vielleicht doch gerade dann?
Sicher ist nach all diesen Überlegungen wohl nur, dass es bestimmte Zeiten gibt, in denen man über derartige Dinge besser nicht nachdenken sollte. Einer dieser Momente ist der, wenn man gerade den Menschen, der untrennbar ein Teil der eigenen Selbst ist, zurücklassen musste in Eis und Schnee, um zurückzukehren in die eigene leere Eislandschaft, die schon lang nur noch ein Aufenthaltsort, aber kein zu Hause mehr ist.

This entry was posted on Montag, Januar 21st, 2013 at 09:59 and is filed under Schlagzeilen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Responses are currently closed, but you can trackback from your own site.

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