16
Apr

Hanswalters Kompass

   Posted by: Liala   in Schlagzeilen

Geneigte Leser,
es ist nur schwer in Worte zu fassen, welche Gefühle mich durchspülten, als ich nach so vielen Monaten zum ersten Mal wieder die goldene Schreibfeder zur Hand nahm. Sie fühlte sich ungewohnt an, beinahe fremd, und doch – ich wollte es wieder wagen!
Schließlich gibt es immer noch so viele einzigartige, seltsame und lustige Gegenstände in den simkeanischen Landen, von denen viel zu wenige wissen. Es hielt mich nicht mehr an meinem Platz und so lenkte ich meine Füße raschen Schrittes gen Markt. Hier würde es wieder beginnen, ich würde wieder zum Trenter Boten zurückkehren.
Und ja, dort, am Rande des Marktes! Ich kannte ihn doch? Und was war das dort für ein kleines, kompliziert aussehendes…
„Hanswalter, seid mir gegrüßt!“, hechtete ich zu ihm. „Sagt einmal… ich kam nicht umhin, Euren Kompass zu bemerken.“ Ich deutete auf das Kleinod, welches meine Neugier geweckt hatte. „Den habt Ihr aber nicht in Trent erworben, oder?“
Überrascht wandte er sich zu mir. „Oh, hallo. Nein, den hatte ich schon bevor ich nach Simkea kam.“
Während ich sprach, kramte ich bereits eifrig nach meinem alten Block und der eingestaubten Feder. „Dann ist es ein altes Stück? Oder habt Ihr ihn selbst gefertigt?“
Hanswalter schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn von meinem Vater bekommen als ich von zu Hause fortging, um meine Ausbildung zu beginnen.“, erklärte er. „Gefertigt wurde er von der ehemaligen Erzmagierin meines Heimatlandes.“
Unmittelbar formten sich die Fragen in meinem Kopf, ganz, wie in alten Zeiten. Ich lächelte in mich hinein und legte voller Eifer los: „Ein Geschenk von Eurem Vater? Und welche Ausbildung war das? Etwa zum Fischer? Ich könnte mir vorstellen, dass ein Kompass da recht nützlich…“ Ich hielt inne. Hatte er da nicht eben etwas von… „Von einer Erzmagierin? Dann – ist Magie darin?“
Dieses Mal war ein Nicken die Antwort, welches Hanswalter auch sogleich mit Worten unterstütze. „Ja, er hilft dabei, einen der Portalsteine aus meiner Heimatwelt zu finden.“ Er nahm den Kompass in die flache Hand, so dass ich einen genaueren Blick darauf zu erhaschen versuchte. Doch schnell war das kleine Instrument wieder in seiner Tasche verschwunden. „Der Stein, der mit dem Kompass gefunden werden kann, ist der blaugrüne Stein von Tamalon.“
Erstaunt blickte ich auf. „Der blaugrüne Stein von Tamalon? Und wozu nützt Euch dieser Stein, wenn Ihr ihn erst einmal gefunden habt?“ Wartend verharrte die Feder über dem Papier.
„Nun, wenn ich den finden würde, könnte ich zurück in meine Heimat reisen.“
Ich glaubte, bei seinen Worten einen kleinen Hauch Wehmut in seinen Augen aufblitzen zu sehen – kein seltener Ausdruck bei all den Vertriebenen und Flüchtlingen in unseren Landen. „Das heißt… Ihr strebt danach, unsere Lande zu verlassen? Und wieder in Eure Heimat zurück zu kehren?“
„Naja, dort leben meine Familie und viele meiner Freunde.“, setzte Hanswalter erklärend an und fügte, etwas leiser, hinzu: „Wenigstens möchte ich sie mal besuchen…“
„Ich verstehe…“, erwiderte ich und überflog kurz meine Notizen, sorgsam jeden Gedanken an meine eigene Familie ignorierend. „Wie kam es dann, dass Ihr Eurer Heimat den Rücken gekehrt habt? Bei den meisten Simkeanern war es ja eher, dass es dort für sie kein Leben mehr gab.“
„Es gab etwas zu vollenden.“ Ich sah, wie seine Hand an seine Seite zum Kompass glitt und auf diesem ruhte. „Ich wurde beauftragt die Portalsteine wieder in die Welten zu bringen, in denen sie lagen, bevor ein dunkler Magier alles durcheinander gebracht hatte. Den Portalstein, der in Simkea lag – oder Noröm – hatte einer seiner Handlanger ins Meer geworfen.“ Er blickte mich an. „Daher ist es so schwer, ihn zu finden. Ihn und den anderen Stein, den ich dabei hatte und fallen lassen musste, um mein Leben zu retten…“ Sein Blick verlor sich für einen Moment in alten Zeiten.
„Kein geringer Auftrag, in der Tat. Meint Ihr denn, ihn mithilfe Eures Kompasses wieder finden zu können?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe es schon versucht, mit meinem Segelboot, aber erfolglos.“
Kurz ließ ich meinen Blick in Richtung des Kompasses schweifen. „Habt Ihr eine Ahnung, woran das liegen könnte?“
„Bisher leider noch nicht.“, erwiderte Hanswalter mit einem Seufzen.“Ich hörte aber, dass es aus Simkea keinen Rückweg geben soll. Möglicherweise liegen die Steine gar nicht im Eismeer, wo mich der Kompass hingeführt hat. Wenn sie irgendwo in Noröm liegen, kann er sie vielleicht nicht aufspüren und zeigt irgendetwas anderes an…“
Wahrlich kein einfacher Auftrag, denn er noch würde bewältigen müssen. „Das Eismeer ist groß, und wenn Ihr noch nicht einmal sicher sein könnt, dass er tatsächlich auf Simkea ist…“ Aufmunternd lächelte ich ihm zu. „Nun, auf jeden Fall wünsche ich Euch weiterhin viel Glück bei Eurer Suche und dass Ihr so vielleicht bald Eure Freunde und Familie wiedertreffen könnt.“
Hanswalter quittierte meine Worte mit einem Nicken und so verabschiedeten wir uns, die eine etwas nachdenklich, der andere immer noch vor einer großen Aufgabe…
Werte Leser, ich hoffe, Ihr konntet in dieser Woche etwas neues erfahren, einen Gegenstand kennen lernen, der Euch bisher vielleicht fremd war. Ich werde mich bemühen, Euch in der nächsten Woche an dieser Stelle eine neue Einzigartigkeit unserer Lande vorzustellen.
Eine schöne Woche wünscht
Eure Lia

This entry was posted on Montag, April 16th, 2012 at 09:59 and is filed under Schlagzeilen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. Responses are currently closed, but you can trackback from your own site.

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